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kommen, und wenn selber 10000 Theile enthält: so kommen auf 2160; dies ist die halbe Sehne des doppelten Winkels , der nach dem Verzeichnisse 7° 28′ fasst und dem Winkel gleich ist, weil die Dreiecke ähnlich und gleich sind. Und so gross ist also der grösste Unterschied, um welchen der Mond von der grössten Abside des ersten Epicykels abweicht. Dies tritt aber ein, wenn der Mond nach der einen oder andern Seite von der Linie der mittleren Bewegung der Erde um 38° 46′ absteht. Folglich ist klar, dass bei einem mittleren Abstande des Mondes von der Sonne um 38° 46′, und um ebensoviel zu beiden Seiten der mittleren Opposition, jene grössten Prosthaphäresen eintreten.

Capitel 10.
Wie die erscheinende Bewegung des Mondes aus den gegebenen gleichmässigen abgeleitet wird.

Nachdem dies Alles so vorausgeschickt ist, wollen wir nun zeigen, wie aus jenen gegebenen gleichmässigen Bewegungen des Mondes die erscheinende und gleichmässige Bewegung auf dem Wege der Construction abgeleitet wird; indem wir ein Beispiel aus den Beobachtungen des Hipparch nehmen, an welchem die Ableitung zugleich durch den Versuch bewiesen wird. Im Jahre 197 nach Alexanders Tode also, am 17ten Pauni, des zehnten ägyptischen Monats, nach Ablauf von 9⅓ Tagesstunden, fand Hipparch[1] in Rhodos bei der Beobachtung der Sonne und des Mondes mittelst des Astrolabiums, dass sie um 48⅒° von einander abstanden, und der Mond der Sonne um so viel nachfolgte. Da er nun den Ort der Sonne auf 11° weniger ⅒° des Krebses[2] bestimmte: so folgte, dass der Mond in 29° des Löwen[3] stand. Um dieselbe Zeit ging der 29ste Grad des Skorpions auf, während der 10te Grad der Jungfrau durch den Meridian von Rhodos ging, und der Nordpol 36° Höhe hatte[4]. Hienaus ergiebt sich, dass der Mond, welcher damals um 90° in der Ekliptik von dem Horizonte entfernt war, keine oder wenigstens eine unmerkliche Parallaxe in der Länge erlitt. Da aber diese Beobachtung an jenem siebenzehnten Tage 3⅓ Stunden, welchen für Rhodos 4 Aequinoctialstunden entsprechen[5], Nachmittags angestellt wurde[6], so waren diese für Krakau 3⅙ Aequinoctialstunden, weil Rhodos um ⅙ Stunde uns näher liegt als Alexandrien. Es waren also seit Alexanders Tode 196 Jahre 286 Tage 3 Stunden 10 Minuten nach einfacher Rechnung; genau aber 3 Stunden 20 Minuten verflossen. In dieser Zeit kam die Sonne in mittlerer

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [44] 300) Vergl. Almagest V. 5., wo die Zeit vom Mittag zu Alexandrien 3h 20m gegeben ist, während Hipparch den Tag 6h früher anfängt, und deshalb die Zeit zu 9h 20m rechnen muss.
  2. [44] 301) Mit dieser Angabe übereinstimmend liest man im Almagest V. 5. 10° 54′ des Krebses.
  3. [44] 302)
    10° 54′ ♋︎ sind 100° 54′
    der Abstand ☉☽ ist 048° 06
    zusammen 149° 00′ d. i. 29° ♌︎
  4. [44] 303) Die geographische Breite des Molo von Rhodos wird in Rümkers Schifffahrtskunde zu 36° 26′ 53″ angegeben.
  5. [44] 304) Aequinoctialstunden sind gleichbedeutend mit unseren gleichmässigen Stunden, d. h. sie betragen je 1/24 des bürgerlichen Tages, und haben ihren Namen davon, dass sie um die Zeit der Nachtgleichen den bürgerlichen Tag- und Nacht-Stunden, horae temporales, gleich sind. Die Aequinoctialstunden, welche bei den Alten ὤραι ἰσημεριναί, oder horae aequinoctiales hiessen, sind mit den heutigen astronomischen Stunden gleichbedeutend; während die ὤραι ϰαιριϰαί, oder horae temporales die jedesmalige Länge des Tages oder der Nacht in zwölf Theile theilten. Letztere verändern sich also mit der geographischen Breite des Ortes und mit den Jahreszeiten; Erstere bleiben für alle Beobachtungsorte und Jahreszeiten sich gleich. Vergl. Ideler, Handbuch I. pag. 86 und 87.
  6. [44] 305) Ptolemäus sagt im Almagest V. 5.: „quoniam post meridiem diei 17 Pauni 3.20 horis temporalibus facta observatio fuit, quae tunc in Rhodo quatuor proxime faciebant aequales“ und setzt später hinzu: „simpliciter quidem 4, exacte autem 3.40.“ — Mit diesem Gegensatze von simpliciter und exacte wird die Umwandlung der horae temporales in horae aequinoctiales gemeint. Um diese Umwandlung auszuführen, ist zuerst das Datum der besprochenen Beobachtung auf christliche Zeitrechnung zu reduciren. In Buch III. Cap. 11. und den dortigen Anmerkungen haben wir gesehen, dass verflossen sind
    von Alexanders Tode bis Cäsar 278a 118d.5
    Cäsar Augustus 015a 246d.5
    Augustus Christus 029a 130d.5
    zusammen 322a 495d.5 römisch
    oder 323a 130d.5 ägyptisch
    von Alexanders Tode bis zu dem fraglichen Datum sind verflossen 196a 286d ägyptisch
    bleiben 126a 209d.5 ägyptisch
    davon ab die Schalttage 031d.5
    bleiben 126a 178d römisch
    [45] vor Christi Geburt, d. h. im Jahre 127 vor Chr. den 7ten Juli. Der 7te Juli fällt aber 108 Tage nach der Frühlingsnachtgleiche. Da nun vom 21sten März bis zum 21sten September 184 Tage verstrichen, so haben wir
    184d : 108d = 180° : °
    woraus sich ergiebt: = 105° 39′ 08″
    also 180° — = 074° 20′ 52″

    Ist nun der Aequator, die Ekliptik, das Herbstäquinoctium, so ist der

    Bogen oder = 74° 20′ 52″
    Winkel = 23" 51′ 20″

    und man hat =

    = 9.98359
    = 9.64563
    = 9.62922
    woraus = 23° 04′ 53″
    also = = 66° 55′ 07″

    Wenn ferner das Zenith, [WS 1] der Horizont, der Pol, der Aufgangspunkt des Punktes der vorigen Figur, und der Stundenwinkel ist, so haben wir

    =
    oder =
    = 66° 55′ 7″
    = 36°
    also = 9.62922
    = 9.86126
    = 9.49048
    = 018° 1′ 17″
    = 108° 1′ 17″

    Hiernach hat man obige 3h 20m horae temporales in horae aequinoctiales umzuwandeln, indem man setzen muss

    90° : 108° 1′ 17″ = 31/3 :

    woraus sich ergiebt = 4h 0m 2s.851 horae aequinoctiales.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: