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wir den gleichmässigen Tag von dem ungleichmässigen erscheinenden zu trennen und zu unterscheiden. Wir nennen also denjenigen Tag den gleichmässigen, welcher eine ganze Umdrehung des Aequators enthält, und ausserdem noch so viel, als die Sonne während derselben Zeit in gleichmässiger Bewegung zu durchlaufen scheint. Den ungleichmässigen aber und den erscheinenden Tag nennen wir denjenigen, welcher eine ganze Umdrehung von 360 Zeitgraden des Aequators umfasst, und ausserdem dasjenige, was durch das scheinbare Fortschreiten der Sonne im Horizonte oder Meridiane noch hinzukommt. Der Unterschied dieser Tage, obgleich gering, wird zwar nicht sofort bemerkt, wächst aber durch seine Vermehrung während einiger Tage zur Merklichkeit. Es giebt zwei Ursachen dieses Unterschiedes: theils die Ungleichmässigkeit der scheinbaren Bewegung der Sonne, theils auch die ungleiche Aufsteigung der Schiefe der Ekliptik. Ueber die Erste, welche wegen der ungleichmässigen scheinbaren Bewegung der Sonne stattfindet, hat sich schon ergeben, dass in dem einen Halbkreise, in welchem die grösste Abside liegt, an den Graden der Ekliptik nach Ptolemäus 4¾° fehlten, und im andern Halbkreise, in welchem die kleinste Abside liegt, ebenso viel zu viel war.[1] Deshalb betrug der ganze Ueberschuss des einen Halbkreises über den andern 9½°. Bei der andern Ursache aber, welche von dem Auf- und Untergange abhängt, tritt der grösste Unterschied zwischen den Halbkreisen der beiden Sonnenwenden ein, und dieser Unterschied herrscht auch zwischen dem kürzesten und längsten Tage, ist sehr verschieden, und jeder einzelnen Gegend eigenthümlich. Der Unterschied aber, welcher vom Mittage oder von der Mitternacht abhängt, wird immer durch vier Grenzen bestimmt. Nämlich zwischen dem 16ten Grade des Stiers und dem 14ten Grade des Löwen liegen 88° und diese gehen durch den Meridian, während ungefähr 93° des Aequators passiren; und zwischen dem 14ten Grade des Löwen und dem 16ten Grade des Skorpions liegen 92°, und diese gehen durch den Meridian, während 87° des Aequators[2] passiren, so dass hier 5° des Aequators fehlen, dort ebensoviel zu viel sind. Die im ersten Abschnitte enthaltenen Tage übertreffen diejenigen des zweiten Abschnittes um 10° des Aequators, das macht ⅔ Stunden. Und das trifft in dem andern Halbkreise in den Gegenden zwischen den jenen diametral entgegengesetzten Grenzen ebenso zu. Es hat aber den Mathematikern gefallen, den Anfang des natürlichen Tages nicht vom Auf- oder Untergang, sondern vom Mittag oder der Mitternacht zu nehmen, weil der vom Horizonte herrührende Unterschied grösser ist, sogar einige Stunden beträgt und ausserdem nicht überall derselbe ist, sondern nach der Schiefe des Horizontes vielfältig sich ändert. Der sich auf den Meridian beziehende Unterschied ist aber überall derselbe, und einfacher. Der ganze Unterschied, welcher aus beiden schon angegebenen Ursachen, sowohl von dem ungleichmässigen scheinbaren Fortschreiten der Sonne, als auch von dem ungleichen Durchgange durch den Meridian, herrührt, betrug vor Ptolemäus[3], wo er von der Mitte des Wassermannes anfing abzunehmen, und vom Anfange des

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [36] 234)
    Vergl. Buch III. Cap. 17. erste Figur, wo Bogen = 92° 23′
    = 87° 37′
    Differenz = 04° 46′, wofür im Text 4° 45′ steht.
  2. [36] 235)
    Vergl. Buch II. Cap.[WS 1] 10. die Tafel: ♉︎ 16° entspricht 043° 31′ des Aequators
    ♌︎ 14° 136° 30′
    Differenz = 88° 092° 59′ wofür im Text 93°
    ♌︎ 14° 136° 30′ des Aequators
    ♏︎ 16° 223° 31′
    Differenz = 92° 087° 01′ wofür im Text 87°
  3. [36] 236) Almagest III. 10.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ,