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Sie sah sich abermals ängstlich um … so wild und einsam schien es ihr noch nie wie heute; das reiche Waldgrün schien sie geradezu zu ersticken.

„Fürchte dich nicht … ich bin ja hier im Walde … schau’ nicht hinter dich … es ist nicht gut …“ meinte er in seltsam gepreßtem Tone.

Schweigend und geradezu eilig schritten sie den steilen Weg hinauf.

Um ihre Lippen lag ein Zug wahnwitziger Entschlossenheit, und die Augenlider waren gesenkt. Ihre langen, dunklen Wimpern stachen von den schneeweißen Wangen seltsam ab.

„Bald geht die Sonne hinter die Berge,“ unterbrach er erregt die Stille und strich sich sein Stirnhaar hastig zur Seite. Es wurde ihm heiß.

„Als ich fort, das heißt hierher in den Wald ging, schlug es drei. Zusammen gehen wir gute zwei Stunden; in der Stadt kann es fünf sein.“

Bei diesen Worten, die sie fast mit zuckenden Lippen gesprochen, zog sie eine kleine Uhr aus ihrem Seidengürtel, blieb stehen und sah mit großer Aufmerksamkeit auf dieselbe.

„Ah! Du hast eine Uhr? Von Gold? Zeige sie mir!“

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/66&oldid=- (Version vom 13.9.2022)