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erhalten werden, denn der Drachenstein zeigt ein wirkliches, eigentliches Petrefact. Ein anderes Exemplar, eine versteinerte Baumwurzel, findet sich vor in der granitnen Mauer der Küsterei zu Gnarrenburg und heißt „de bunte Sten.“ Ein gründliches und umfassendes Studium über Granit kann man am leichtesten und bequemsten an den Steinmauern in den Dörfern und an den Blöcken auf der Haide vornehmen. An den Drachenstein nun knüpft man folgende Sage.

Einst kam der Hirte von Donnern, ein beherzter und standfester Mann, der mehrere Kämpfe mit Wölfen[1] siegreich bestanden, bald nachdem er seine Heerde ausgetrieben, mit derselben ganz bestürzt in’s Dorf und meldete den Einwohnern, es sei in letzter Nacht ein großes Wunder geschehen; denn oberhalb der Weideniederung an der Anhöhe, in der Nähe des altes Grabes, sei ein großer See entstanden und es röche da pestilenzialisch nach Schwefel, weshalb er das Vieh zu Haus getrieben, damit es nicht von dem giftigen Gestank erkranke und verderbe. Das ganze Dorf, sogar Mütter mit ihren Kindern auf den Armen und hochbetagte Greise und Großmütter gingen hin und besahen, was in ihrer Mark sich ereignet hatte, rochen aber nichts mehr von dem Schwefelbrodem. Da nahm eine alte Frau, die wegen ihres hohen Alters und ihrer langen Erfahrung die kluge Frau hieß, das Wort und sprach: „Mir hat meine Großmutter erzählt, daß der Bültensee und der Silbersee früher auch nicht dagewesen, aber durch Erdfälle plötzlich entstanden wären; wir haben also nichts zu befürchten, unser Vieh hat sogar eine Tränke mehr;“ wobei sich die Leute beruhigten und heimkehrten. Der Hirte aber sprach bei sich: „Ich habe nicht geträumt, als ich den Gestank roch, und es will sich wohl bald ausweisen, daß es mit dem See nicht ganz richtig ist.“ Um das zu erspähen, trieb er am Nachmittage das Vieh auf die Weide, auf einem Wege, der weiter ablag


  1. Auf dem Boden der Kirche zu Beverstedt befand sich ein großes Wolfsnetz, wie die Kirchenrechnung im 30jährigen Kriege der Zeit ausweiset.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_219.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)