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Jahrbuch der deutschen Radfahrer-Vereine mit Beiträgen hervorragender Fachschriftsteller und unter Mitwirkung der Vereine selbst

auch für die späteren Generationen. Wir sollten froh sein darüber, dass mit dem Fahrrad sich endlich die Möglichkeit geboten hat, jungen Mädchen eine gesunde Bewegung in freier Luft zu verschaffen, welche die Schaar moderner Krankheiten verhütet oder beseitigt

Sie selbst, gnädige Frau, sind die Gattin eines Radlersmannes. Hand aufs Herz, haben Sie nicht manchmal schon, wenn Ihr Gatte sein blankgeputztes Stahlrösslein zu einer Tourenfahrt bestieg, mit einem gewissen sehnsüchtigen Blick vom Balkon herab dem schneidigen Radler nachgeschaut? Hat es Sie nie gedrängt, ihm Kamerad und Genossin zu sein auf diesem wie auf allen anderen Wegen? Es giebt so manche Dinge, die im Getriebe des Tagewerks unausgesprochen bleiben zwischen Frau und Mann; so manche kleine Sorge, so mancher Plan, sie werden nicht geäussert, weil dazu die Ruhe oder die nöthige Sammlung fehlt. Wie schön bietet hierzu eine gemeinsame Radtour Gelegenheit, wo man, entflohen dem Trubel der Kinderstube oder der Gesellschaft, sich wenigstens einige Stunden allein gehört; es wird dies eine Visite, die man sich selbst macht und bei derman alle Interna recht behaglich besprechen kann.

Sie werden es mir erlassen, noch von der Nützlichkeit des Radfahrens der Damen, von der Möglichkeit, bei plötzlichen Erkrankungen, Unfällen u. dergl. schnelle Maassregeln zu ergreifen, eingehend zu sprechen, denn diese liegt ja auf der Hand. Das Radfahren ist die Stenographie der Bewegung, ein herrliches Ausdrucksmittel des Strebens unserer im Zeichen des Verkehrs stehenden Zeit, und diesem steht doch die Frauenwelt nicht ganz fern.

So hoffe ich denn, auch Sie, verehrte Frau, recht bald in den Reihen dieser den Zug ihrer Zeit begreifenden Frauen zu sehen und Sie von den Schönheiten einer Tourenfahrt schwärmen zu hören.

Ich mache Ihnen mein ergebenstes Kompliment und bitte Sie, Ihren Herrn Gemahl sowie Hans und Grethchen recht herzlich zu grüssen von Ihrem

freundschaftlich ergebenen
Arthur Loening.




Fahre Braun’s Dauerreifen.


Empfohlene Zitierweise:
: Jahrbuch der deutschen Radfahrer-Vereine mit Beiträgen hervorragender Fachschriftsteller und unter Mitwirkung der Vereine selbst. Verlag von Hugo & Herman Zeidler, Berlin 1897, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrbuch_der_deutschen_Radfahrer-Vereine_1897.pdf/67&oldid=- (Version vom 12.8.2018)