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dann geschehen? Hiller käme zu mir in meine Wohnung – –, und nichts änderte sich, nichts –!

Dieser Kelch ging nicht an mir vorüber, ich mochte versuchen, was ich wollte.

Und dann saß ich dem Kommissar in dem nüchternen, nach Aktenstaub und Zigarrenqualm riechenden Zimmer gegenüber.

Er hatte mich mit gemessener Liebenswürdigkeit, wenn auch nicht unfreundlich, begrüßt.

„Legen Sie nur ab, Herr Heiking,“ hatte er gesagt und auf den Kleiderständer in der Ecke gezeigt. „Unsere Unterredung dürfte doch eine ganze Weile dauern, und hier im Zimmer ist’s ziemlich warm.“

Nun erwartete ich, daß er beginnen sollte. Aber er ließ sich Zeit. Das breite Fenster hatte er im Rücken, während mich das durch den großen Fensterspiegel verstärkte Tageslicht unbarmherzig hell beschien. Nur der mit Papieren bedeckte Tisch trennte uns.

Hiller blätterte in einem dünnen Aktenstück, das nur aus wenigen zusammengesetzten Blättern bestand. Dieses Warten bereitete mir Folterqualen. Meine Hände wurden feucht vor innerer Erregung. Unruhig veränderte ich alle Augenblicke meine Stellung auf dem harten rohrgeflochtenen Stuhl. Schießlich vermochte ich diese Pein der Ungewißheit nicht länger zu ertragen.

„Verzeihung, Herr Kriminalkommissar, in welcher Sache soll ich eigentlich vernommen werden? Auf der Ladung stand nichts näheres darüber.“ Das sollte recht harmlos klingen, und doch merkte ich, wie seltsam gepreßt diese Worte sich über meine Lippen drängten.

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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)