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jeder Seite hin beleuchtete und gegeneinander abwog.

Zimmer 92, auf dem ich mich einfinden sollte, lag im Hofgebäude. Ich mußte verschiedentlich fragen, ehe ich vor die richtige Tür gelangte, an der ein weißem Pappschild mit einer gedruckten Aufschrift hing.

Ich las – las nochmals. Leuchtende Sternchen tanzten mir vor den Augen; ich fühlte, wie mir der kalte Schweiß auf die Stirn trat.

Kriminalkommissar Hiller“. So sehr ich auch wünschte, daß ich mich verlesen hätte, so oft ich auch von neuem hinblickte, die Aufschrift blieb.

Kein Zweifel – der Fall Schwechten war’s, bei dessen Aufklärung ich mithelfen sollte! Der Kampf begann –. Aber in welch’ trauriger Verfassung mußte ich ihn aufnehmen –? So gut wie wehrlos! Heute, in diesem Zustande, mußte ich mich ja verraten. Mein Hirn würde heute nie und nimmer die blitzschnelle Gedankenarbeit leisten, die dazu gehörte, um mich durch all die Fragen, die meiner warteten, glücklich hindurchzuwinden. – Nie[1] und nimmer! Würde mich nicht schon mein verstörtes Aussehen verraten, mein unsicherer, ängstlicher Blick, meine nervös zuckende Hand – –? Und ich, der schon vor dieser Vernehmung zurückbebte, der nicht die Tatkraft besaß, sich aufzuraffen, ich verblendeter Tor hatte noch gestern morgen gedacht, dem Gesetz, der Gesellschaft den Krieg erklären zu können –!! Welcher Wahnwitz war das gewesen, welch lächerliche Selbstüberschätzung! – –

Unschlüssig stierte ich noch immer auf den einen Namen hin. Sollte ich umkehren, mich durch Krankheit entschuldigen lassen – –? Und was würde

  1. Vorlage: nie
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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/80&oldid=- (Version vom 1.8.2018)