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und alle sonstigen Merkmale, die irgendwie zum Verräter hätten werden können, kratzte ich mit dem Messer aus. Dann wickelte ich die Banknoten in einige neue weiße Bogen Schreibpapier und drückte das Bündel in die Schachtel hinein.

Ebenso vorsichtig verfuhr ich auch weiter, so daß ich, als das Paket bis auf die Adresse fertig war, annehmen konnte, nichts verabsäumt zu haben, um meine Person vor einer Entdeckung zu schützen.

Die Adresse herzustellen, war eine zeitraubende Arbeit. Ich besaß einen Typendruckapparat, wie er in jeder Schreibwarenhandlung für billiges Geld zur Zusammensetzung eines beliebigen Stempels zu haben ist. Mit Hilfe der einzelnen Gummitypen brachte ich die Adresse endlich zustande, die wie mit einer schlechten Schreibmaschine geschrieben aussah. Die Hauptsache – in meiner eigenen Handschrift stand auch nicht ein Wort darauf.

Dann suchte ich mir aus meinem Kleidervorrat[1] eine alte Lodenpelerine heraus, hing sie um, stülpte den grauen, breitrandigen Filzhut, den ich vormittags bei meinem schmachvollen Streich getragen hatte, auf den Kopf und verließ mein Zimmer. Nicht genug damit, trieb ich die Vorsicht sogar so weit, in der nächsten Straße ganz schnell in eine gerade vorbeikommende leere Autodroschke zu springen und dem Kutscher irgend eine Hausnummer der Potsdamerstraße zuzurufen. Kaum hatte sich der Wagen in Bewegung gesetzt, als ich auch schon durch das Fensterchen in der Hinterwand zurückschaute. Ich bemerkte nichts auffälliges. Schon wollte ich mich beruhigt in die Polster fallen lassen, als ich weit hinten einen an der Bordschwelle des Bürgersteiges


  1. Vorklage: Kleiderverrat
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/76&oldid=- (Version vom 1.8.2018)