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Kommissar Hiller, mit dem ich – leider! – später noch recht häufig in Berührung kommen sollte, war eine schlanke Erscheinung mit blassem, glattrasiertem Gesicht, dessen Züge nichts Besonderes zeigten – mit Ausnahme der Augen. Diese waren es einzig und allein, die aus dem Manne eine Persönlichkeit machten und ihm überall schnell eine gewisse Überlegenheit sichern mußten. Dunkel und groß, hatten sie die Fähigkeit, die innersten Gedanken ihres Besitzers wie in einem vortrefflichen Spiegel widerstrahlen zu lassen. Sie verliehen dem Gesicht einen eigenen Reiz. Ihre andere, hauptsächlichste Eigenschaft lernte ich erst später kennen …

Ich hatte mich, nachdem Onkel mich mit dem Kommissar bekannt gemacht hatte, in einen Sessel gesetzt und hörte dem Gespräch der Herren, ohne weiter zu fragen, ob ihnen das angenehm war, interessiert zu. Sie behandelten gerade die Frage, wie Schwechten in den Besitz der Schlüssel gelangt sein könnte.

„Ihres Personals sind Sie sicher, Herr Generaldirektor?“ fragte der Kommissar jetzt, indem er in sein Notizbuch blickte, in das er verschiedene Bemerkungen eingetragen zu haben schien.

„Vollkommen. Beide Mädchen dienen seit sieben Jahren bei uns.“

„Es wäre doch immerhin möglich gewesen, daß vielleicht eines der Mädchen zu Schwechten, der als ziemlich gewissenloser Weiberheld bekannt ist, in näheren Beziehungen gestanden und er sich so gelegentlich die Schlüssel verschafft hätte,“ meinte Hiller erklärend.

„Ausgeschlossen, wirklich ganz ausgeschlossen.“

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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)