ihr mich suchet, so laßt diese geh’n.“ Damit meinte er seine lieben Jünger.
Darnach sprach der Herr Christus zu den Dienern der obersten Priester und Gleißner und der Aeltesten des Volkes:
„Ihr seid ausgezogen, mich zu fangen, wie zu einem Mörder mit Schwertern und Kolben; und da ich doch täglich im Tempel lehrte, da hieltet ihr mich nicht. Aber das ist Alles geschehen, damit erfüllt würde die Schrift der Weissagung. Und Das ist eure Zeit, denn ihr seid Söhne der Finsterniß; darum seid ihr in der Nacht gekommen.“
Und der allmächtige Herr und König Himmels und der Erde gab als Menschensohn den ungetreuen Juden Gewalt über sich.
Nun drang Judas recht aus dem Volke hervor, als ob er erst aus der Stadt käme, und eilte zu dem Herrn und sprach zu ihm:
„Gegrüßet seist du Meister“ und küßte ihn.
Der heil. Augustinus spricht, der Herr habe die Sitte gehabt, seine Jünger mit einem Kusse zu empfangen. Da Judas gegen den Herrn ging, sprach der Herr zu ihm: „Freund, wozu bist du gekommen?“ Und da ihn Judas küssen wollte, da neigte er sich lieblich zu seinem Verräther und sprach zu ihm: „Judas! mit einem Kuß verräthst du des Menschen Kind in den Tod.“
Franz Joseph Holzwarth: Passionsbilder. Franz Kirchheim, Mainz 1856, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holzwarth_Passionsbilder.djvu/52&oldid=- (Version vom 1.8.2018)