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SCHAM UND LÄUTERUNG

Von Arthur Holitscher

I

In dieser Heimsuchung verfinsterten Tagen,
Blut fließt hinaus, Blut fließt nicht herein,
Heute wenn irgendwann mußt du es tragen,
Du selber zu sein.

Wer warst du in all diesen Zeiten,
Wo hat deine Seele geweilt?
Du weißt es, sie war in Weiten,
Endlose Wege weit fortgeeilt.

Vorwärts nicht, wo die Zukunft lacht,
Uns trauernden Menschen ewig die Zukunft lacht,
Sondern zurück in die Zeiten der Nacht,
Undenkliche Vorzeit der Wut und Nacht.

Fellmenschen hausen dort in Grimm, Angst und Haß,
Zeigen Wunden, beraten Tod, weiden sich am Weinen,
Vatermord, Blutschande schwelt im Qualmgelaß,
Funke sprüht nur von geschliffnem Stahl, scharf wetzenden Steinen.

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Holitscher: Scham und Läuterung. In: Die Aktion, Berlin 1916, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holistcher_(1916)_Scham_und_L%C3%A4uterung_(Die_Aktion,_8_Juli_1916).pdf/1&oldid=- (Version vom 23.1.2024)