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nicht fassen und alle noch so hoch gewählten Worte sie nicht entsprechend ausdrücken können, müssen es vielmehr zu den demütigenden Erfahrungen, die zugleich das Heimweh nach dem Zureichenden erwecken, zählen, daß wir mit Sinn und Wort das Übersinnliche und Unaussagliche nicht treffen, weil zwar das Endliche das Unendliche fassen, aber nicht ausschöpfen kann. Dennoch ist es das Größte, in das Heiligtum einzugehen, ob es nicht noch mehr dem Sinne der Anbetung sich erschließen und das Wort bereichern wolle, damit es in Wechselwirkung auch vollkommener ausdrücke.

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 Über alle Zeit erhaben. so sehr ihrer mächtig, daß er in sie eingehen kann, ohne etwas von sich zu gefährden, und allen ihren Wirkungen und Gewaltsamkeiten sich anheimgebend, ohne daß sie ihm etwas anhaben können, steht die Persönlichkeit Gottes, die, um sie auf diskursivem Wege dem Gedanken, auf reflektierendem der Andacht näher zu bringen, der Mensch nach ihren Eigenschaften betrachten möchte, nach Eigenschaften, die nur am Menschenbilde gemessen werden können und so aus der unmeßbaren Absolutheit in Beziehung zu dem Unselbständigen gesetzt werden müssen, um eben als absolut erkannt zu werden. Ein wunderbares Spiel des Gedankens, dem in göttlicher Herablassung die von Ewigkeit her beschlossene Menschwerdung Gottes ein Recht verleiht. Gottes Persönlichkeit in einer über alle Zeit und Räumlichkeit erhabenen Selbständigkeit, sich in sich auf dem Wege der Selbstmitteilung erfassend, sich als Quell des Guten in der Gabe des Guten erkennend und behauptend, fernab von dem starren Henotheismus, der letztlich die Ersterbung Gottes in dem Eigenen zur Folge haben müßte, vielmehr als ewiges Sein durch den Prozeß des in sich zurückkehrenden Werdens sich selbst zur Erkenntnis gekommen, in dem trinitarischen Prozeß des Sichdenkens und des den Denkenden und den Gedachten zu wahrer Einheit zusammenschließenden Geistes, Gottes Persönlichkeit mit dem absoluten Ich vorweltlich, überweltlich und innerweltlich zumal, in dem selbstreflektierten Ich des Sohnes teilhaftig wie des Heiligen Geistes gewiß, wird von uns in Beziehung zur Zeit gesetzt, um ewig genannt zu werden, dem die Zeit immanent ist, weil sie für ihn ein Vorübergehen aus dem Willen ins Werden und eine Rückkehr von diesem in jenen wird. Der „Alte der Tage“, der in ewiger Jugendfrische seinen Knechten erscheint, dessen Kraft von alldem erhöht wird, was die Kraft des Gewordenen eben als solchen, von dem sündigen Moment abgesehen, mindert und einschränkt,

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Hermann von Bezzel: Die Heiligkeit Gottes. Dörffling & Franke, Leipzig 1916, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_Heiligkeit_Gottes.pdf/9&oldid=- (Version vom 9.9.2016)