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Kirche auf der reinen Lehre beruhend, von selbst Liebestaten schafft, immer wieder die Ursprünglichkeit der Liebe wahrt, jene Zartheit, die sich am liebsten nicht in Gesetz und Instruktion fassen läßt. Die katholische Kirche verfaßt alles, fühlt gewissermaßen vor, lebt, schreibt, zeichnet den Dank vor, der dem Herrn erstattet werden muß, und zeichnet auch den Lohn vor. Die reformierte Kirche in ihrer großartigen Subjektivität läßt immer wieder das „Gefallen dem Herrn“ durchsehen, immer wieder die feine Werkerei hindurchblicken. Unsere Kirche lehrt aber gerade in diesen Liebeswerken die rechte Mengung zwischen Objektivität und Subjektivität. Auf objektivem Grunde in der Liebe Christi ruhend, sucht die einzelne Seele subjektive Betätigung des Dankes. Diese Subjektivität würde sobald in Willkür ausarten, als sie vergäße, aus welchem objektiven, von Ihm gegebenen Grunde sie ruht. Die Wohltat Christi wird ja nie ausgepriesen noch ausgedankt. Und unsere Kirche freut sich für viele ihrer Glieder, die sonst keine rechte Art des Dankes gefunden hätten, die rechte Art von ihrem Herrn bescheert erhalten zu haben; aber eben weil sie die Diakonisse und ihr Amt nur als eine besondere Form des Dankes und der Gegenliebe betrachtet, kann sie nun und nimmer in der Diakonisse etwas anderes erblicken, als einen dankbaren Christenmenschen, einen Christenmenschen, der sich freut, einmal die Form gefunden zu haben, in der er so von Herzen danken kann. Darum ist alles so natürlich in unserer Kirche. Diese geheiligte Natürlichkeit, die sich doch so wohl mit der hl. Zucht verträgt, nenne ich Subjektivität, vermengt mit Objektivität. Man hat gerade unserem Diakonissenhause nachgerühmt, daß es im Stande war, Originale zu bewahren, andere Diakonissenhäuser nivellierten mehr. Wenn sich auf die geheiligte Natürlichkeit der Zwang legt, den diese als Zwang empfindet und trägt, so wird damit das Veste ertötet oder wenigstens verwundet und verletzt. Es liegt eben die Gefahr nahe, Uniformität mit Unität zu verwechseln, Einförmigkeit mit Einigkeit. Wir halten es