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werden muß, daß alle guten Werke bei uns auf der Rechtfertigung allein aus dem Glauben ruhen, in so fern als alle guten Werke die spontanen Ergebnisse der in Jesu gegründeten Persönlichkeiten sind, kann von einem Charisma die Rede sein, weil von einer Gnadenfreudigkeit zu guten Werken überhaupt. Die guten Werke sind in der römischen Kirche mitwirkend, in der reformierten Kirche sind sie doch in gewisser Beziehung Mittel zum Zweck, in unserer Kirche sind sie freiwillig, in ihrer Freiheit aber notwendige Ergebnisse. Der katholische Christ will mit seinen Werken etwas verdienen, der reformierte Christ will mit seinen Werken etwas erreichen, der lutherische Christ freut sich, daß er leben darf in guten Werken. Bei den Reformierten gilt: „So suchen wir, ob wir daheim sind oder wallen, wie wir Ihm wohlgefallen.“ Das ist im letzten Grunde nicht lutherische Art sondern: „Was soll ich Dir, mein Seelenfreund, für solche Treue schenken? Ich will mich ganz und gar in Deine Gnad einsenken“, das Uebrige ergibt sich von selbst. „So gewiß“, sagt Luther in seiner Vorrede zum Römerbrief, „alles neu wird im Christenleben, so gewiß ist der Glaube ein mächtig und schäftig Ding. Er fragt nicht erst, ob Werke zu tun seien, ehe er fragt, hat er sie schon getan.“ Bei uns ergeben sich die Werke aus der von Jesu geheiligten Persönlichkeit, darum wird unsere Kirche nicht müde, Ihm zu danken für alle Seine Treue. Deshalb vergißt sie nie, was er ihr wohlgetan hat. Sie weiß nicht, sie kann es nicht wissen, wie sie ihrem Herrn wohlgefällt, sondern wie die Pflanze nicht weiß, wie sie prangt in ihrer Blüte, so wie der Baum blühen muß, so muß ein Christ in guten Werken stehen, wenn er wirklich vom Strahl der göttlichen Gnade ergriffen ist. In dieser Stellung zu den guten Werken liegt die Größe der Kirche. Die Gnade hat ihr der Herr verliehen, daß sie in der Lehre immer und immer wieder die Rechtfertigung aus dem Glauben betont. In dieser Glaubensgerechtigkeit hat sie ein gutes Werk um das andere getan. Welche Geschichte haben die guten Werke in unserer