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vom Tode ereilt wurde und nur noch sagen konnte: „Jetzt, meine Schüler, werde ich in eine andere Schule abgerufen“. Zuerst in natürlicher Freudigkeit, dann in geheiligter Freude, in dem Frohmut etwas Gewisses der Gemeinde darbieten zu dürfen, war unser Bruder hingegangen; und dann hat der Heiland in das Hingehen einen ganz eigentümlichen Klang eingemengt. „Ich habe euch gesetzt, daß ihr langsam hingeht und allmählich vergeht“. Unser Bruder hat diese schwerste Prüfung, die einem Manne und einem Theologen auferlegt werden kann, leuchtend überstanden. Er hat sich einer Operation unterstellt und noch in den letzten Tagen sich einer zweiten unterzogen, die ihm Erleichterung bringen sollte. Er hat keinen Trost bedurft, sondern andere getröstet und hat Gottes Erbarmen seinen Stecken und Stab in schweren, nächtigen Stunden sein und bleiben lassen. Er hat mir in den letzten Tagen mit zitternder Hand geschrieben: 2. Kor. 4, 7—8: „Wir haben aber solchen Schatz in irdenen Gefäßen, auf daß die überschwengliche Kraft sei Gottes und nicht von uns“. Das letzte, was er mit bebenden Lippen sang, war, wie mir scheint, ein Schlußakkord in dieses reich angelegte und harmonisch geschlossene Leben, das alte Volkslied: Schönster Herr Jesu. In der Kraft des Weltüberwinders, dieses Freundes aller Mühseligen und Beladenen, hat unser Bruder ritterlich um die zwölfte Stunde des 17. nach Trinitatis geendet, uns kam das Wort zu Sinn: „Und Jesus rührte ihn an und heilte ihn und ließ ihn gehen“.

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 „Ich habe euch gesetzt, daß ihr hingeht und Frucht bringt“, reiche Frucht, wahrhaft bewährte, in der Hitze geprüfte Frucht, nicht eine theologische, sondern eine religiöse Erkenntnis von dem Herrn, der Sünde vergibt, Missetat erläßt, Todesgrauen überwindet und Leben gibt. Wir müssen dahin, das bleibt das schmerzhaft großartige Rätsel; was wir erarbeiten, überdauert uns. Wenn der Baum seine Frucht getragen hat, darf er ruhen; es ist auch den reichbegabten Knechten noch eine Ruhe vorhanden.