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werdende Harmonien. Da in dieser Zeit der Instrumentenbau gewaltige Fortschritte zeigte, konnten die Werke schaffenden Tonkünstler höhere Anforderungen stellen. Musiker, wie Heinrich Schütz, Vincenzo Albrici und Marco Giuseppo Perandi[1], alle drei am Dresdner Hofe angestellt, schrieben aus eignem Antrieb und auf Wunsch ihrer kurfürstlichen Herren kirchliche Kompositionen, die zur Verherrlichung des Gottesdienstes beitrugen. Trompeten und Pauken fanden, dem Geschmacke der Zeit folgend, vielfach Verwendung. Der englische Gesandte Sir Swan, der zum Hosenbandordensfest nach Dresden geladen war, rühmt die „außerordentlich schöne italienische und andere Kirchen-Musik mit Trompeten- und Paukenbegleitung“ (21. IV. 1678)[2]. Das Ende des 17. Jahrhunderts kann man mit Recht die hohe Zeit der Trompeter- und Paukerkunst nennen, betätigte sich doch der Kurfürst Johann Georg II. selbst als Komponist für diese Instrumente. An seinem Geburtstage, am 31. Mai 1673, wurde in der Schloßkapelle beim Frühgottesdienst als Introitus aufgeführt: Ps. 117. „Laudate Dominum omnes gentes“ mit Pauken und Trompeten, vom Kurfürsten selbst komponiert[3]. Eine Perandische Komposition „Herr Gott dich loben wir“ musicaliter für 20 Trompeten und und 3 Paar Heerpauken kam am Johannisfest (24. Juni) 1674 zur Aufführung. Beim Hauptgottesdienst erklangen (seit 1660) das Kyrie, die Missa, das Credo choraliter mit Instrumenten „Praenestini[4] Composition“. Auch das Miserere und Tedeum wurden von Trompeten und Pauken begleitet. Bei Hof- und Landestrauer schwieg die Orgel, und die beiden Instrumente mit Dämpfer gespielt, vertraten die Stelle der „Königin der Instrumente“. An Bußtagen dagegen ließ nur die Orgel ihre Stimmen ertönen. Auch der Glocken Klang wurde manchmal durch Trompeten und Pauken ersetzt. Als am 16. Oktober 1676 die Kirche auf dem Königstein (Georgskapelle), die erste Garnisonkirche Sachsens, geweiht wurde, ließ Johann Georg II. die Hoftrompeter und Pauker zum Kirchgang musizieren, dann erscholl der 150. Psalm figuraliter (ohne Orgel), und nach der Predigt gelangten Kompositionen von Schütz, Albrici und Bernhard[5] zur Aufführung. Das Tedeum beschloß die Feier, deren Instrumentalteil gänzlich von den Lieblingsinstrumenten des musikliebenden Kurfürsten ausgeführt wurde. Im 18. Jahrhundert trat die Verwendung von Trompeten und Pauken etwas zurück, doch haben der berühmte


  1. Schütz war Oberkapellmeister, Albrici Kapellmeister und Perandi Vizekapellmeister in Dresden. Über ihre Kompositionen vergl. Fürstenau I, S. 145, 146, 165.
  2. Dresdner Geschichtsblätter, Band II, Jhrg. VI., S. 12.
  3. Fürstenau, I, S. 6.
  4. Giovanni Pietro Aloisio de Palestrina, 1524 in Palestrina, dem alten Praeneste geboren, der „Princeps Musicae“, 2. Febr. 1594 gestorben.
  5. Christoph Bernhard, vor 1651 Kapellknabe (Altist), seit 1653 Vizekapellmeister, 1689 Kapellmeister, stirbt 24. Nov. 1692 (nach Fürstenau 1694).