Seite:Heft28VereinGeschichteDresden1920.djvu/71

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nach Meißen zur Hilfe gegen die Ketzer gesandt hatte.[1] Nähere, freilich wohl nicht ganz zuverlässige Angaben über den Angriff auf Dresden macht Joh. Rothe.[2] Danach waren die Ketzer um Michaelis vor Pirna erschienen und von da nach Alten-Dresden gezogen, das sie verwüsteten; auch das Augustinerkloster ging damals in Flammen auf.[3] Landgraf Friedrich aber sei mit mehr als 1000 Pferden der Stadt zu Hilfe gekommen, habe von der Brücke aus die Ketzer beschossen und das Torhaus an der Brücke besetzt, das die Ketzer nicht einzunehmen vermochten; ja in der Nacht sei einer der Büchsenmeister des Landgrafen, Hans von Gunstete, vom Torhause aus nach Alten-Dresden gelaufen und habe dort die in der Badergasse, dem jetzigen Blockhausgäßchen, gelegene Badestube,[4] in der die Ketzer lagen, mit Pulver in Brand gesteckt, was die Feinde zum Rückzuge nötigte. Sie seien dann nach Kötzschenbroda gezogen, haben das Dorf und andere benachbarte Ortschaften niedergebrannt, in den Kellern die Fässer zerhauen und den neuen Wein, den sie gekeltert fanden, ausgetrunken. In denselben Tagen schickte der Rat der Stadt Görlitz einen Boten nach Dresden „doselbist zu irfaren der ketzer gelegenheit“;[5] er überbrachte wohl einen Brief an den Rat vom 16. Oktober, in welchem um Auskunft über die Ketzer gebeten wird, die, wie man vernommen, „ire legir umbe uch im lande zcn Miessin sullin habin“.[6]

Inzwischen war das hussitische Hauptheer Prokops des Großen, das in den Tagen vom 12. bis 16. Oktober vor Bautzen gelegen und vergeblich die Einnahme der Stadt versucht hatte, von dort ins Land Meißen eingefallen, und die Schar, die Dresden angegriffen, hatte sich wohl mit ihm vereinigt. Das Heer war dann weiter nach Meißen, Großenhain, Ortrand, Seußlitz, Mühlberg gezogen und schließlich in die Niederlausitz eingefallen. Doch liegen darüber meist nur unsichere chronikalische Nachrichten vor,[7] die sich zum Teil vielleicht auf spätere Ereignisse beziehen.

Diesem ersten Einfalle der Hussiten in die meißnischen Lande folgte wenige Wochen später ein zweiter, der mit bedeutend stärkeren Truppenmassen unternommen wurde und dem unglücklichen Lande viel tiefere Wunden schlug. Daß ein solcher bevorstehe, erfuhren die Landesherren schon im Oktober. Schon am 30. Oktober baten Kurfürst Friedrich II. und sein Bruder Siegmund die Stadt Eger, ihnen ihr reisiges Gezeug am 12. November zu schicken;[8] auch in Erfurt wußte man, daß sich der Feind wiederum nach dem Meißner Lande wenden wolle, wo er erst kürzlich gewesen sei.[9] Hans von Polenz, der in einem Schreiben vom 12. Dezember 1429 die Oberlausitzer vor einem bevorstehenden Angriff der Ketzer warnte und noch vor Weihnachten die Wettiner Fürsten aufzusuchen beabsichtigte, hielt ebenfalls einen Einfall in Meißen für möglich und bat die Oberlausitzer, in diesem Falle dem Fürsten 300 wehrhafte Männer nach Freiberg, Pirna oder Dresden zu senden.[10] In der Tat brach ein Heer, das sich um Prag gesammelt hatte, unter Führung


  1. Ulrich Sack berichtet um den 10. Oktober nach Eger, daß er am Donnerstag (den 6. Oktober?) nach Meißen gekommen sei, wo ein Heer gegen die Ketzer versammelt wurde. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen a. a. O. 49.
  2. Johann Rothe, Düringische Chronik, herausg. von R. v. Liliencron (Jena 1859) S. 663 f. Vergl. auch Zach. Theobald, Hussitenkrieg, 3. Ausg. I (Nürnberg 1624), 263.
  3. Vergl. Theobald a. a. O.
  4. Richter, Verf.- u. Verwaltungsgesch. Dresdens II, 227.
  5. Cod. dipl. Lus. sup. II, 2, 69 Z. 33.
  6. Cod. dipl. Sax. II, 5, 149 Nr. 179.
  7. Jecht, Oberlausitzer Hussitenkrieg S. 238. Vergl. zu den hier gegebenen Quellennachrichten auch die namentlich für die Zeitbestimmung des Angriffs auf Altendresden wichtige Notiz einer handschriftlichen thüring. Chronik (in der Landesbibliothek zu Dresden Ms. Dresd. K 316 fol. 216b): Anno 29 o uff. den herbist in der wynern czogin die Behmen mit macht gein Alden Dreßden und branten das uß und vil rittergesesse und dorffere umbe Missin, Heyn und Ortrand gehnsiet der Elbe. Wenn nach einer wenig späteren Randnotiz die Zahl der Angreifer bis 40000 betragen haben soll, so bezieht sich das sicher nicht auf den Angriff im Oktober und ist überhaupt als eine der häufigen Uebertreibungen anzusehen. Vergl. auch Cod. dipl. Sax. II, 5, 155; Chron. Treboniense bei Höfler, Geschichtschreiber der husitischen Bewegung in Böhmen II, 58.
  8. Cod. dipl. Lus. sup. II, 2, 120.
  9. Schreiben des Rats zu Erfurt d. d. 1429 Nov. 8 bei Palacky, Urkundliche Beiträge ll, 69.
  10. Ebenda ll, 77. Cod. dipl. Lus. sup. II, 2, 124.