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wenige Jahre vorher das Amt des Stadtschreibers bekleidet hatte, und Paul Goideler um den 20. Mai zu ihm nach Meißen,[1] und kurz darauf lieh ihm die Stadt ihren Wächter nach Pirna.[2] Auch die Boten, die am 5. Juni nach Frauenstein und Lauenstein geschickt wurden, hatten wohl Briefe zu überbringen, die mit dem bevorstehenden Feldzuge in Zusammenhang standen.[3] Schon lange hatten einige Dresdner Söldner in Aussig gelegen; für Mitte Mai ergibt sich ihre Anwesenheit mit Sicherheit aus den Rechnungen.[4] Sie wurden dann wohl noch verstärkt. Freilich dürfen wir uns über ihre Zahl keine zu großen Vorstellungen machen; nach einem im ganzen wohl glaubwürdigen Verzeichnis der gesamten sächsischen, meißnischen und thüringischen Reisigen, die in der Schlacht bei Aussig kämpften,[5] hat die Stadt Dresden 20 reisige Pferde gestellt, immerhin ebensoviel wie die Bischöfe von Meißen, Merseburg und Naumburg, die Städte Magdeburg, Halle und Meißen, die Vögte zu Altenburg, Zwickau und Oelsnitz und der Landvogt zu Sachsen; abgesehen von den erheblich zahlreicheren Truppen des Herzogs[6] haben mehr nur der Erzbischof von Magdeburg (40) und die Stadt Erfurt (30) geschickt, während die Stadt Leipzig trotz aller Mahnungen nur mit 15 vertreten ist. Uebrigens ist bei diesen Zahlen zu berücksichtigen, daß zu jedem reisigen Pferde mindestens drei Personen gehörten und daß die Fußtruppen nicht mitgezählt sind, so daß wir die Gesamtzahl der von Dresden gestellten Mannschaften wohl bedeutend höher schätzen dürfen.

Die Stadt befand sich wohl in großer Aufregung, als Mitte Juni die von den Oberlausitzern entsandten Hilfstruppen unter Führung des Hans von Colditz über Löbau, Bautzen und Radeberg Dresden passierten,[7] um wohl vereinigt mit der Mannschaft aus Dresden und Leipzig nach Freiberg weiter zu ziehen[8] und zu dem Heere zu stoßen, das die Markgräfin Katharina bei Oberbobritzsch versammelte. Als Führer der Dresdner Truppen erscheinen wieder Paul Goideler und Meister Nikolaus, die 20 Gr. Zehrung erhielten.[9]

Unmittelbar darauf, am 14. Juni, brach das vereinigte Heer der sächsischen Fürsten nach Böhmen auf. Weder auf seinen Marsch noch auf die schwere Niederlage, die es am 16. Juni, dem Tage des h. Veit, bei Aussig erlitt, haben wir Anlaß hier näher einzugehen und behalten uns dies für eine andere Gelegenheit vor. Von allen Schlachten der Hussitenkriege hat kaum eine ein so großes Aufsehen gemacht als die Schlacht bei Aussig, und es ist daher wohl begreiflich, daß über keine andre so zahlreiche Nachrichten vorliegen; aber diese Nachrichten enthalten so vielfache Widersprüche, und namentlich weichen die Angaben über die Stärke der miteinander ringenden Heere und die Zahl der Toten so stark von einander ab, daß sie allenthalben zur Kritik herausfordern.[10] Genug, das immerhin stattliche Heer wurde nach tapferem Kampf besiegt und hatte schwere Verluste. Hätten die Ketzer ihren Sieg sofort verfolgt,


  1. Ebenda fol. 93: Item 21 gr. magistro Nikolao und Paul Godeler gegen Mysen, alz er Busse von uns flyen wolde. So ist wohl zu lesen: was der Schlußsatz bedeutet, ist unklar.
  2. Ebenda fol. 95.
  3. Ebenda fol. 95, 95b.
  4. Ebenda fol. 92: Item Krebir burger zcum Vok 20 gr., die her den soldenern doselbist gelegen hat.
  5. Abschrift 16. Jahrh. im Gemeinschaftl. Archiv zu Weimar Reg. O Akten Nr. 23 fol. 43, in lateinischer Übersetzung in Georg Spalatins Vitae aliquot electorum et ducum Saxoniae bei Mencke Scriptores rerum Germ. II, 1078.
  6. „Herczog Wilhelm", der schon 1425 gestorben war, ist eine Verwechslung mit Kurfürst Friedrich.
  7. Cod. dipl. Lus. sup. II, 1, 285 Z. 23. 286 Z. 18. 333 Z. 32. Vergl. Jecht, Oberlausitzer Hussitenkrieg S. 107.
  8. Cod. dipl. Lus. sup. II , 1, 333 Z. 34.
  9. KR. 1426 fol. 95b.
  10. Vergl. Max v. Wulf, Zahlen der hussitischen Heere, in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen XXXI, 92 ff., bes. 96. Kroker a a. O. II ff.