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scheint die schon seit dem 13. Jahrhundert in Deutschland nachweisbare Sekte der Waldenser auch in Dresden Anhänger gefunden zu haben.[1] Ihr gehörte wohl Peter von Dresden[2] an, der 1409 den Auszug der deutschen Professoren und Studenten aus Prag mitgemacht hatte und bald darauf Leiter der altberühmten Kreuzschule in Dresden geworden war, wo er gemeinsam mit seinen Lokaten Friedrich und Nikolaus den Lehren der Waldenser und Wicliffs Anhänger warb, bis ihn der Widerstand der kirchlichen Organe nötigte, die Stadt zu verlassen; er kehrte nach Prag zurück und setzte hier seine Lehrtätigkeit fort, bis er 1421 in Regensburg als Ketzer den Feuertod erlitt.[3] Zu seinen Dresdner Schülern gehörte der in der Geschichte des Hussitismus oft genannte Johannes von Drändorf.[4] Gegen Peter und seine Schule richtete sich wohl ein Erlaß des Bischofs Rudolf von Meißen vom 18. Okt. 1411, durch den den Lehrern von Partikularschulen in seiner Diözese, besonders in Dresden, verboten wurde, in allen Schulen und sonst mit Ausnahme der Universitäten die Bücher der h. Schrift und des kanonischen Rechts zu lesen und zu erklären.[5] Der Sekte der Waldenser gehörten vermutlich die Torschmiedin an, die „um Unglaubens willen“ aus Dresden verwiesen wurde und deren Haus in der Brüdergasse Landgraf Friedrich 1417 seinen und seiner Gattin Schneidern Heinrich und Christian schenkte,[6] und die Meltzerin, die am 25. August 1418 wegen Unglaubens zu Dresden verbrannt wurde.[7] Auf diesem Wege sind wohl auch die hussitischen Lehren in Dresden eingedrungen; leider ist eine Sammlung darauf bezüglicher Schriftstücke, die sich einst im Dresdner Ratsarchiv befand, bis auf den Umschlag mit der Aufschrift „Dabei findt man Befehlich, die Namen, das Sacramentshäusel und die Sacramentschänder belangend und anders, Johannes Hus, Wicleff und Hieronymus belangend“ abhanden gekommen[8] und auch andere Belege sind nicht erhalten. Vermutlich haben die Gefahren, die dann Jahrzehnte lang von Böhmen aus das Nachbarland und die Stadt Dresden bedrohten, der Verbreitung der Irrlehren ein schnelles Ende bereitet.

In Böhmen hatte die kirchliche und die damit in Zusammenhang stehende nationale Bewegung, die schon 1409 zur Auswanderung der deutschen Angehörigen der Prager Hochschule und damit zur Begründung der Universität Leipzig den Anlaß gegeben, fortdauernd zugenommen, begünstigt durch die Schwäche des Königs Wenzel und sein Mißtrauen gegen seinen Bruder und Erben Sigmund und verschärft durch die Hinrichtung des Johannes Hus in Konstanz (6. Juli 1415). Daß auch das meißnische Nachbarland davon berührt wurde, konnte umsoweniger ausbleiben, als zwischen König Sigmund und den Wettinern ernste Mißhelligkeiten bestanden, da Sigmund nicht gewillt war, die verlorenen böhmischen Grenzgebiete den letztern zu überlassen. Schon 1417, als Markgraf Friedrich IV. den König zu Konstanz um die Belehnung mit den Reichs-


  1. Vergl. Wilh. Preger, Ueber das Verhältnis der Taboriten zu den Waldensern des 14. Jahrhunderts, in den Abhandlungen der Kgl. bayr. Akademie der Wissensch. Hist. Kl. XVIII (München 1889). H. Haupt, Waldensertum und Inquisition im südwestlichen Deutschland seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, in der Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft III (Freiburg i. B. 1890), 355 ff.
  2. Vergl. über ihn zuletzt Math. Uhlirz, Petrus von Dresden, ein Beitrag zur Geschichte des Laienkelchs, in der Zeitschrift des deutschen Vereins für Geschichte Mährens und Schlesiens, Jahrg. 1914 S. 227 ff., wo die ältere Literatur über Peter zusammengestellt ist.
  3. O. Meltzer, Ein Traktat Peters von Dresden, in den Dresdner Geschichtsblättern IV (Jahrg. 1907 Nr. 4), 194 ff.
  4. O. Meltzer, Johannes Drändorff, ebenda III (Jahrg. 1901, Nummer 2), 21 ff.
  5. Cod. dipl. Sax. I B, 3, 203 Nr. 220.
  6. Ebenda II, 5, 136 Nr. 156.
  7. Dresdner Kämmereirechnung (=KR.) 1418 im Ratsarchiv Dresden A XVb 2 Fol. 305b: Item XV gr. dem henger, daz her dy Melczerynne brante umne den unglobin feria quinta post assumpcionis Marie. Vergl. O. Richter a. a. O. I, 136.
  8. O. Richter, Geschichte der Stadt Dresden I (Dresden 1900), 56.