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dieser Wagenschlitten auf der langen, schnellen Fahrt mehrfach beschädigt worden war, blieb er hier zurück, doch kennt niemand sein weiteres Geschick. Fest steht nur, daß der bis in die neuere Zeit in Dresden aufbewahrte Schlitten von N. niemals benutzt worden ist, also gar keinen geschichtlichen Wert besitzt und deshalb neuerdings aus dem Stadtmuseum entfernt wurde.

Unter wesentlich anderen Verhältnissen als im Dezember 1812 traf der Franzosenkaiser im nächsten Jahre, 1813, am Abend des 8. Mai nochmals in unserer Stadt ein. Er kam als Sieger von Lützen her, wo er vor sechs Tagen die verbündeten Preußen und Russen geschlagen hatte, die deshalb das von ihnen innegehabte Sachsen bis auf das Ostgebiet räumen mußten. Auch der auf dem rechten Elbufer gelegene Teil Dresdens, die Neustadt, befand sich noch in ihren Händen.

Ehe N. unter Glockengeläut in die sächsische Residenz einzog, war er an der Löbtauer Weißeritzbrücke von einer Vertretung des Dresdner Rates und am Schlosse vom Adel begrüßt worden. König Friedrich August, der während der Besetzung seines Landes durch Preußen und Russen anfangs in Bayern, später in Böhmen weilte, kehrte erst am 12. Mai nach Dresden zurück, wo ihm der Kaiser einen prunkvollen Empfang bereitete.

Bei seinem diesmaligen Aufenthalte in unserer Stadt bewohnte N. dieselben im zweiten Obergeschoß des Schlosses gelegenen Zimmer, die er bereits vor Jahresfrist innegehabt hatte. Die sächsische Immediatkommission, die während der Abwesenheit des Landesherrn die nötigsten Regierungsgeschäfte zu erledigen hatte, mußte wenige Stunden nach Ankunft des Kaisers bei ihm zu einer Unterredung erscheinen, die sich bis Mitternacht hinzog. Vom 9. Mai an bis zum Schlusse seines diesmaligen langen Aufenthaltes hielt N. gewöhnlich vormittags von 9–10 Uhr fast täglich Morgenempfang ab, bei dem Mitglieder des königlichen Hofes, Minister, Generäle, Gesandte und andere Großwürdenträger dem Kaiser ihre Aufwartung machten. Einen sehr großen Teil seiner Zeit nahmen militärische und diplomatische Angelegenheiten in Anspruch.

Gleich am 9. Mai hatte N. bei Briesnitz einem Artilleriekampfe beiwohnen können, bei dem die auf dem anderen Elbufer stehenden Russen zum Rückzuge gezwungen wurden. Der Wiederherstellung der bereits durch Marschall Davout den 19. März 1813 teilweise zerstörten Elbbrücke wandte der Kaiser seine ganz besondere Aufmerksamkeit zu. Wohl hatten die Russen den durch die Sprengung beseitigten Pfeiler mit den beiden benachbarten Bogen durch einen Holzbau ersetzt, diesen aber durch Feuer wieder zerstört, als sich die Franzosen Dresden näherten. Der anfangs auf eine Woche berechnete und vom Kaiser dauernd persönlich überwachte und geleitete Holzersatzbau wurde am 10. und 11. Mai ausgeführt. Vom Mittag des zweiten Tages an konnte ein aus Infanterie, Kavallerie und Artillerie bestehendes Heer von über 70 000 Mann bei Anwesenheit des Kaisers die Brücke gefahrlos überschreiten.