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Nr. 155. Napoleon I. Bonaparte, 1769–1821, hat sich in Dresden wiederholt aufgehalten und hier beim Hofe, anfangs auch bei der Bevölkerung, freundlichste Aufnahme gefunden. Diesem weitausschauenden Monarchen war es bei seinen Riesenplänen bald klar geworden, welchen Wert Sachsen als Stützpunkt seiner Unternehmungen für ihn haben werde. Deshalb suchte er dessen Landesherrn, den Kurfürsten Friedrich August III., der bis zur Schlacht bei Jena auf preußischer Seite stand, teils durch Freundlichkeiten, teils durch Drohungen für sich zu gewinnen, was ihm auch gelang. Freilich mußte der Kurfürst durch den am 11. Dezember 1806 mit Frankreich abgeschlossenen Frieden sich verpflichten, dem von N. damals gegründeten Rheinbunde beizutreten, was der Kaiser mit der Verleihung des Königstitels belohnte.

Um seinen neuen Verbündeten persönlich kennen zu lernen, stattete ihm N. 1807 auf der Rückreise nach Paris in Dresden einen Besuch ab. Der König war dem Kaiser am 16. Juli bis Bautzen entgegengereist; am nächsten Tage in der sechsten Abendstunde hielten die beiden Monarchen unter Kanonendonner, Glockengeläut und dem unaufhörlichen Vivatrufen einer vieltausendköpfigen, selbst von weither zusammengeströmten Volksmenge ihren feierlichen Einzug in unsere Stadt. Den ihm vom König bis ans Schwarze Tor (am nördlichen Ausgange der Hauptstraße) entgegengeschickten achtspännigen Staatswagen benutzte der Kaiser freilich nicht; vielmehr fuhr er in seinem Reisewagen, in dem auch sein hoher Gastgeber Platz genommen hatte. Der Zug, in dem sich als Gefolge N's. auch eine Anzahl französischer Marschälle befanden, bewegte sich vom Schwarzen Tore aus durch die Hauptstraße über die Augustusbrücke nach dem Schlosse, wo der Kaiser in den Paradezimmern des zweiten Obergeschosses Wohnung nahm. In diese zog er sich zurück, nachdem er die königliche Familie begrüßt hatte.

Während der fünf Tage, die N. in Dresden verlebte, gab es zu Ehren des kaiserlichen Gastes vielerlei festliche Veranstaltungen: großartige Beleuchtung der Stadt, Hofkonzert, Aufführung der italienischen Oper Zaira, Besichtigung der Festungswerke beim Weißen und Schwarzen Tore in der Neustadt, beim Pirnaischen Tore in der Altstadt, Besuch der Gemäldegalerie, des Antikenkabinetts sowie der Bibliothek im Japanischen Palais und des Kadettenhauses, eine Spazierfahrt nach Pillnitz und zuletzt einen Jagdausflug nach Moritzburg. So oft sich der Kaiser auf der Straße zu Pferde sehen ließ, wurde er von dichten Mengen der Einwohnerschaft stets mit lautem Jubel begrüßt. Kehrte er von Festlichkeiten oder Besichtigungen ins Schloß zurück, pflegte er meist noch dringende Arbeiten zu erledigen, auch wenn es, wie nach dem Besuch der Oper, erst in der Nacht geschehen konnte. – Am 20. Juli wurde dem Kaiser eine ganz besondere Ehrung dadurch zuteil, daß König Friedrich August I., der an diesem Tage den Hausorden der Rautenkrone gestiftet hatte, seinen hohen Gast zum ersten Ritter desselben ernannte. Am Abend des 22. Juli verließ der Kaiser, und zwar wiederum unter Glockengeläut und Geschützdonner unsere Stadt, vom König bis nach Meißen begleitet. (Lindau Bd. II., S. 525—528.)