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am Orte befindliche Franziskanerkloster, wo er seine Wohnung aufschlug, zu geleiten. Von da wurde er wiederum zu jeder seiner Predigten, die er auf öffentlichem Markte hielt, durch Ratsherren abgeholt. Die in lateinischer Sprache gehaltene Predigt übertrug einer seiner Genossen dem Volke nachher ins Deutsche, aber weit mehr als seine feurigen Worte waren die lebhaften Geberden und das Mienenspiel des hageren, hohläugigen Mönches von einer die Massen tief ergreifenden Wirkung. Brettspiele, Würfel, Karten und Luxusgegenstände ließ er sich bringen, um sie in Haufen zu verbrennen; die Frauen forderte er auf, ihre langen Zöpfe, die Zeichen der Hoffart, abzuschneiden, und übergab sie gleichfalls den Flammen. Vielfache polizeiliche Luxusbeschränkungen waren die Folgen seines Eiferns gegen die herrschende Genußsucht; aber die in der folgenden Zeit sehr häufig eintretende Notwendigkeit der Verschärfung der Luxusgesetze beweist, daß seine Predigten trotz der augenblicklichen Begeisterung, die sie erregten, eine nachhaltige Wirkung nicht hatten.

Im Anfange des Jahres 1452 begegnen wir dem eifrigen Bußprediger in Chemnitz, wo er am 16. Februar mit vier Ordensbrüdern zu Pferde und vier anderen zu Wagen seinen Einzug hielt[1]. Von da begab er sich nach Freiberg: laut einer am 4. März dort ausgestellten Urkunde nahm er den Pfarrer der Nikolaikirche nebst allen Geistlichen und Laien seiner Pfarrei in die Brüderschaft und die Gemeinschaft der guten Werke des Franziskanerordens auf[2].

Wenige Tage später war er in Meißen anwesend und redete zu den Volksmassen vom Dache eines Hauses am Markte herab[WS 1]. Bei dem außergewöhnlichen Zusammenflusse von Menschen begann es in der Stadt an Lebensmitteln zu mangeln; Kurfürst Friedrich erließ deshalb unterm 8. März an den Rat zu Dresden Befehl, die dortigen Bäcker anzuhalten, daß sie einen Tag um den andern drei Wagen mit Brot nach Meißen zum Verkaufe


  1. Scriptores rer. Germanicar., ed. Mencke, III (Lipsiae 1730), S. 158.
  2. Codex dipl. Sax. reg. II, 12 (Leipzig 1882), S. 199. Vgl. dazu Möller, theatrum Freib. chron. (Freybergk 1653), S. 99.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Anmerkung ³) in diesem Exemplar nicht lesbar