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Meißnische Kreissteuereinnahme veranlaßt, bei dem Materniamte u. A. anzufragen, 1) welche Gemeindeglieder die hilfsbedürftigsten seien; 2) wieviel jedes derselben restire und 3) wieviel einem jeden zu erlassen sein dürfte. In Folge dieser Anfrage ließ der Materniamtsverwalter eine Classification der Erlaßpercipienten anfertigen, nach welcher für die ganz besonders hilfsbedürftigen, die die 1. Klasse bildeten, der gänzliche Erlaß, für die übrigen aber, welche die 2. und 3. Klasse ausmachten, unter Berücksichtigung der erlittenen Calamitäten und ihrer sonstigen Umstände ein Erlaß von zwei Dritteln und der Hälfte in Vorschlag gebracht wurde.

Eine königliche Verordnung vom 18. Mai 1820 bewilligte

1) den in der ersten Klasse verzeichneten 9 Calamitosen gänzlichen Erlaß und zwar 17 Thlr. 22 Gr. 2 Pf. in Schocken und 20 Thlr. 3 Gr. in Quatembern;
2) den in der 2. Klasse aufgeführten 9 Gemeindegliedern 22 Thlr. 3 Gr. 8¾ Pf. in Schocken und 24 Thlr. 5 Gr. in Quatembern und
3) den in der 3. Klasse benannten 24 Ortsangesessenen 35 Thlr. 4 Gr. 5 Pf. in Schocken und 42 Thlr. 11 Gr. 7½ Pf. in Quatembern zu erlassen.

Unterm 3. Juli 1820 wurde dem hiesigen Richter das allerhöchste Rescript mit dem Bemerken bekannt gegeben, daß die Gemeinde die noch rückständigen Beiträge von 48 Thlr. binnen 14 Tagen bei Vermeidung executivischer Zwangsmittel abzuführen habe. Dieselbe behauptete nun zwar in einer vom 5. Juli datirenden Eingabe an den Landesherrn, daß die beregte Summe von dem verstorbenen Localsteuereinnehmer (Strauß) bereits erhoben, und an den ebenfalls verstorbenen Amtssteuereinnehmer (Rocksch) abgeliefert worden sei; der König bestimmte aber unterm 30. August 1820, der Bürgermeister möge die Gemeinde, da sie ihr Anführen durchaus unbescheinigt gelassen habe, mit ihrem Suchen abweisen und die rückständigen 48 Thlr. sofort eintreiben. Unterm 3. Octbr. kam unsere Commun ihrer Zahlungspflicht nach[1].

Es war ihrerseits keineswegs Böswilligkeit, daß sie die Abführung ihrer rückständigen Steuern möglichst zu umgehen suchte, denn bei der drückenden Schuldenlast mußte sie immer darauf bedacht sein, den eingegangenen Verpflichtungen gemäß wenigstens einen Theil der vom Materniamte geliehenen Gelder zurückzuzahlen. Von den 1813 erborgten 400 Thlr. (s. S. 114, 115) hatte sie das Capital von 100 Thlr. nebst den einjährigen Zinsen durch eine Anlage auf die Angesessenen aufgebracht und Ostern 1817 abgeführt; die übrigen Schulden von 300 Thlr. sollten bis Michaelis 1822 getilgt werden[2]. Leider vermochte sie dies ebensowenig als die Zinsen zu zahlen, so daß bis Michaelis 1820 eine Zinsenschuld von 300 Thlr. angewachsen war, an

  1. Ger. A. Lit. P. Nr. 114, Bl. 12-19.
  2. Ger. A. Lit. P. Nr. 113, Bl. 6.