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Kinder wurden zur Zentnerschwere. Noch mehrmals passirten wir nicht ohne Beben durch österreichische Truppen hindurch. Nackende Leichname, verstümmelte Menschen und Pferde lagen zu beiden Seiten des Weges. Athemlos, keines Schrittes mehr mächtig, erreichten wir die Neumühle, wo man in Freundschaft die hilflose Familie aufnahm. Auch in dieser Mühle erinnerte uns Alles an die Kriegswuth. Zerbrochene Kommoden, ausgeleerte Schränke bezeugten das vorherige Dasein der nichts verschonenden Krieger. - Frisch wurde Brot gebacken, einzelne Truppen kamen, der heiße blasse Teig wurde aus dem glühenden Ofen herausgerissen und im Heißhunger von den Soldaten verzehrt“[1]. „Von Minute zu Minute mehrten sich nun die Flüchtlinge, namentlich aus dem brennenden Döltzschen. Manche trugen unter den Armen ein elendes gerettetes Stück Federbett, andere führten nur ihre Kinder; mehrere keuchten unter der Last ihrer sog. Laden, aber einer trug auf seinem Rücken die Bürde des kranken und sterbenden Weibes. Enger und enger wurde der Raum in unserm gemeinschaftlichen Zimmer, und nur im weiten Mühlhause schöpften wir frischen Athem“[2].

Kehren wir wieder nach Reisewitz zurück. Hier entspann sich nach Baumanns Weggange um den Besitz der Wirtschaftsgebäude ein furchtbarer Kampf, der schließlich damit endigte, daß die Oesterreicher zwar das Feld räumten, sich aber in dem Wasserpalais sowie auf der nahe dabei befindlichen Barricade festsetzten und sich hier auch trotz wiederholter heftiger Angriffe behaupteten. Die Franzosen beschossen nun lebhaft und andauernd beide Positionen sowie auch das Dorf, schritten aber doch zu keinem Sturm. Die eben geschilderten Kämpfe wurden, soweit sie in die Mittagsstunden fielen, von dem um jene Zeit in Coschütz sich aufhaltenden König von Preußen, der zuvor beim russischen Kaiser in Nöthnitz gewesen war, bis gegen 1 Uhr aufmerksam verfolgt; dann begab er sich nach Räcknitz zurück und langte daselbst an, als man eben den verwundeten General Moreau vom Schlachtfelde nach Pestitz getragen hatte[3].

Obgleich in und bei Plauen das Gefecht zum Stehen gekommen war, drangen die Franzosen doch in den südwestlich davon gelegenen Orten (Naußlitz, Wölfnitz, Gorbitz) wenn auch zum Theil unter schweren Verlusten, unaufhaltsam vorwärts, nahmen die sich vertheidigenden Oesterreicher gefangen, oder drängten sie nach den jäh abstürzenden Felsen des Plauischen Grundes. Eine Anzahl der Flüchtlinge suchte, nachdem die angeschwollene Weißritz mit Lebensgefahr passirt war, durch die schmalen, steilen Schluchten zwischen den Felsen bei der Forsthausbrücke die Höhe zu erreichen, wo sich am Nachmittag das Centrum der verbündeten Armeen befand; andere verbargen sich bis zur Nacht in den im Grunde befindlichen Mühlen, aus denen österreichische Schützen mit

  1. Baumann, S. 80-83.
  2. Ebenda S. 87.
  3. Aster, S. 302, 299.