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stehen wir unter den heftigsten Regengüssen im Feuer. Den ganzen Tag erfreuten wir uns auch nicht eines einzigen Bissen Brotes - bis der Abend anbricht, wo der von der höchsten Lebensgefahr Errettete nur durch Plündern, Rauben und Stehlen sich zu sättigen genöthigt sieht. Darf man sich da wohl wundern, wenn der menschlichste Krieger zum Barbaren ausartet zu einer Zeit, wo Menschenglück und Menschenleben so gewaltsam mit Füßen getreten werden? Doch seid guten Muthes; heute Nacht bin ich Euer Gast; morgen wird Gott weiter helfen“[1].

Die Nacht verging in banger Unruhe, doch passirte nichts Besonderes. Weiter draußen waren allerdings während der Nacht von den Oesterreichern veränderte Truppenaufstellungen vorgenommen worden. Nach dem vom Fürsten Schwarzenberg noch am 26. August am Abend um 10 Uhr auf dem Schlachtfelde bekannt gegebenen Plane für den nächsten Tag, an welchem man sich in der Hauptsache abwartend verhalten und alle besonderen Entschließungen von Napoleons Unternehmungen abhängig machen wollte, mußten die österreichischen Divisionen Colloredo und Chasteller mit der Cavallerie-Division Lederer zwischen Zschertnitz, Pestitz, Coschütz und Plauen Aufstellung nehmen. Hinter diesen Truppen standen noch 3 weitere Treffen. Diesen Oesterreichern befand sich der französische Marschall Marmont mit dem 6. Armeecorps nebst der Cavalleriebrigade Normann und seiner ganzen Artillerie gegenüber, und reichte sein rechter Flügel bis nach Plauen. Während Fürst Schwarzenberg die aus den Höhen eingenommene Stellung zu behaupten trachtete, wollte Napoleon ihn auf beiden Flügeln von den gangbarsten Straßen abschneiden, ins Gebirge drängen, auf kürzeren Wegen, namentlich über Peterswalde, vordringen, den Feind an den Pässen erwarten und - vernichten.

So brach der 27. August an. Es regnete heftig und düsteres Gewölk bedeckte den Himmel. Der Sturmangriff auf die Stadt mußte an diesem Tage für die verbündeten Truppen um so schwieriger sein, als sie nicht nur völlig durchnäßt und ermüdet, sondern meist auch ganz ausgehungert und in Folge der Vorgänge am 26. August in ihrem Muthe nicht sonderlich gehoben waren. Trotz alledem konnte dem Kampfe nicht ausgewichen werden, zu dessen Beginn sich die Franzosen früh gegen 6 Uhr rüsteten. Auf der Höhe zwischen Räcknitz bis hinter Plauen standen eine große Anzahl österreichischer Geschütze, die auf das Corps von Marmont ein heftiges Feuer eröffneten, daß von französischer Seite kräftige Erwiderung fand. Im Ganzen erwies sich der Kampf auf diesem Theile des Schlachtfeldes als eine Kanonenschlacht[2].

In Plauen hatten die französischen Granaten mehrfach gezündet, und nur einigen wenigen entschlossenen Einwohnern, unter denen sich selbst Frauen befanden, war es zu danken, daß das Dorf bei der fortgesetzten starken Kanonade durch das verderbliche Element nur

  1. Baumann, S. 74-77.
  2. Aster, S. 292.