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als ich nur kann; aber das Stehlen ist mir nicht möglich, meine Ältern haben mir einen gar zu großen Abscheu davor beygebracht. Nun so arbeite du Närrin dachte die Anna in ihren Herzen, ich werde bey weniger Arbeit doch mehr gelobt werden wie du. Sie trieb also ihren Muthwillen mehrere Jahre ungescheut fort. Maria konnte sich aber nicht entschließen, es wie sie zu machen, und wurde, ob sie gleich ungleich arbeitsamer und fleißiger war, dennoch getadelt. Daher verließ sie das nächste Jahr die Stadt, und zog wieder aufs Dorf. Anna heyrathete endlich einen Wittwer in der Stadt, der sein eigen Haus, und Feld in Pacht hatte, und bekam also ihre eigene Haushaltung. Nun gieng es ihr eben wieder so, wie es andern Leuten gegangen war. Wie sie es andern gemacht hatte, machte man es ihr auch. Wenn sie dachte, sie hätte recht schönen Klee und Kohl im Felde stehen, so war, wenn sie hinauskam, oft die Hälfte und noch mehr davon weggestohlen. Sie mußte weit mehr Schaden leiden als andere, ja wenn niemandem etwas wegkam oder gestohlen wurde, so geschah es ihr. Denn einmal gönnten es ihr mehrere mägde nicht, daß sie, dem Anschein nach, so gut angekommen, und ein so großes Glück gemacht habe, und dann entschuldigten sie das Unrecht, welches sie derselben anthaten, indem sie untereinander immer sagten: Die hat gestohlen was brav ist, sie darf es also nicht übel nehmen, wenn wir ihr wieder zusprechen Maria heyrathete auch auf dem Dorfe, und kriegte einen Mann, welcher einen hübschen Garten und etwas Feld besaß; sie fand bey ihm ihr Brod und ein zufriednes Leben. Nie wurde ihr leicht etwas genommen. Als sich erstmals diese beyden Frauen wieder sahen, gestand die Anna der Maria offenherzig. „Es ist wahr, es kommt nichts dabey heraus, wenn man so leichtsinnig ist, wie ich sonsten war, ich muß jetzt genug dafür büßen. Wenn ich Schaden leide an den Meinigen, so sagt mir mein Gewissen nicht allein, das ist dir eben recht, du hast es andern nicht besser gemacht; sondern ich werde noch eben dadurch am meisten gekränkt, daß es mir andere gönnen und noch dazu auslachen und verspotten. Ach wie wohl hast du gethan, daß du dich nicht entschließen konntest jemanden etwas heimlich zu nehmen. – So ist ein augenblicklicher, auch der größte Vortheil, oft der größte Schaden und Verlust, welcher sich oft gar nicht wieder ersetzen läßt, in dem folgenden ganzen Leben.



Seltene Dankbarkeit.


Der Pabst Sixtus der Fünfte stieg aus dem niedrigsten Stande durch alle geisteliche Würden bis zur höchsten Staffel und wurde Pabst: sein bißiger Kopf verursachte ihm mancherley unangenehme Vorfälle, besonders war er mit seinem Pater General sehr unzufrieden. Er vergaß sich einmal so weit, daß er sogar Satiren auf ihn machte, und sie auf dem Speisesaale anschlug. Der General erfuhr es, und gab allen Franciskanernklöstern Befehl, den Pater Monalto, wie er damals hieß, gefangen zu nehmen. Montalto war klug, und kehrte auf seinen Reisen in keinen Kloster seines Ordens ein. Einmal nahm er Nachtquartier bey den Augustinern, und borgte von dem Pater Kellner zehn Thaler, schrieb aber einen falschen Namen unter seiner Handschrift. Da er Pabst worden war, fiel ihm die Schuld wieder ein, er erkundigte sich, ob der Pater Kellner noch lebte, und erfuhr, daß derselbe noch immer Pater Kellner wäre, er befahl, daß man ihn mit einer guten Bedeckung als Gefangenen nach Rom bringen sollte. Der Pater Kellner war aber damals in Streit mit dem Bischof, und alle glaubten, daß dieser Uneinigkeit wegen der Verhaftsbefehl von Rom gekommen wäre. Vier Mönche die ärger waren als zehn Häscher, begleiteten ihn nach Rom. Wie er dem Pabst vorgestellt wurde, bat er gleich um Vergebung wegen seiner Uneinigkeit mit dem Bischof, und versprach alles mögliche; der Pabst sagte: davon ist gar die Rede nicht, ich weiß aber daß ihr mit dem Klostervermögen nicht richtig umgeht. Heiliger Vater, sagte er, davon weiß ich kein Wort. Der Pabst erwiederte: aber ich weiß es; habt ihr nicht einmal einen Franciskanermönch zehn Thaler auf eine Handschrift geliehen, und nichts wieder erhalten? Das ist wahr, Heiligster Vater, aber ich dachte, der Mönch wäre ein ehrlicher Mann, ich kann aber nichts dafür, daß er unredlich gehandelt hat. Der Pabst erwiederte: ich kenne den Franciskaner, und ich habe Auftrag euch zu bezahlen. Doch seht mich nur einmal recht an, ich bin selbst der Franciskaner, dem ihr das Geld geliehen habt. Der arme Pater Kellner wurde wie vom Schlage gerührt, fiel dem Pabst zu Füßen und bat um Gnade. Stehet auf, sagte der Pabst, Freund, da ich unglücklich war, nahmt ihr mich in eurem Kloster und eurer Zelle auf, jetzt bin ich Pabst, nun will ich euch in meinem Pallast und in meinen Zimmern aufnehmen, und aus Dankbarkeit mache ich euch hiermit zum Bischof.