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Zur ersten englischen Übersetzung der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm.
Mit ungedruckten Briefen
von Edgar Taylor, J. u. W. Grimm, Walter Scott und G. Benecke.
Mitgeteilt von O. Hartwig.

Unter allen Büchern, die in diesem Jahrhundert erschienen sind, ist wohl kaum ein anderes so ein dauerndes Besitztum der volkstümlichen Weltlitteratur geworden als die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, von denen der erste Band 1812 ausgegeben wurde. Viele Millionen großer und kleiner Kinder haben sich seitdem herzlich an ihnen erfreut und werden sich noch in ungezählten Jahren an ihnen ergötzen. Aber auch für die Wissenschaft ist das Erscheinen dieser Sammlung von der größten Bedeutung geworden. Wie Herder durch seine „Volkslieder“ eine neue Ära in der Schätzung und Nachbildung der echten volkstümlichen Lyrik heraufgeführt hat, so haben die Brüder Grimm durch ihre Märchen einen ganzen Zweig volkstümlichster erzählender Poesie, der bis dahin nur im Verborgenen geblüht hatte, in all seiner heiteren Pracht nicht nur ans helle Tageslicht gestellt, sondern auch mit ihnen ganz neues Material für die wichtigsten litterargeschichtlichen und mythologischen Erkenntnisse beigebracht.

Wie diese Märchensammlung auf ihrem Siegeszuge durch die Welt in England eingedrungen und durch eine gute Übersetzung so fruchtbaren Boden gefunden und weiterhin hier die Märchenforschung stark mit angeregt und beeinflußt hat, so daß sie hier wie kaum in einem anderen Lande blüht und der doch vorzugsweise für sie aufgekommene Name Folk-lore fast zu einem überall recipierten litterärgeschichtlichen Terminus geworden ist, soll hier auf Grund erster Zeugnisse kurz dargelegt werden. Daß ich diese Dokumente zum größten Teile in Florenz erhalten habe, könnte auf den ersten Blick als ein Zeichen davon angesehen werden, daß das Interesse und die Freude an diesen unseren deutschen Dichtungen selbst in das Land, in dem die klassische Novelle ihre erste Kunstform erhielt, gedrungen seien, wenn der Fund sich nicht einfacher erklärte.