Heute früh in der Messe ziemlich viele Menschen, sodaß die Stube voll war. Nachmittags hielt ich den zweiten Teil des Farben-Vortrages, dessen 1. Teil ich etwa vor 3 Wochen hielt vor den Angestellten der BuStu. Martha hatte auch Fremde eingeladen, wodurch es etwas viele Zuhörer waren.
Am ganzen Nachmittag u. Abend von 4 Uhr bis 9 Uhr ohne Licht.
Gestern zeichnete ich eine Skizze für eine Flaschen-Etiquette einer Flasche Schnaps, die der hiesige Kulturbund Koch-Gotha schenken soll, der am 5. Januar 70 Jahre alt wird.
Abends war das Ehepaar Dr. Burgartz bei uns es war sehr gemütlich. Wir tranken Tee u. die nun allerletzte Flasche Rotwein mit Zucker, dazu hatte Trude eine sehr gute Obsttorte gemacht. Das Ehepaar verließ uns erst um 3 Uhr morgens, wir unterhielten uns sehr angeregt. Dr. B. fand die Etiquette sehr gut u. war mit der Idee einverstanden. Er berichtete, daß Koch-Gotha vom Magistrat Rostock gefeiert wird, bzw. vom dortigen Kulturbunde, sodaß er höchstens abends wieder zuhause sein wird. Das enthebt uns der Schwierigkeit, unsererseits etwas zu veranstalten, außer eben dieser Flasche Schnaps, die Rr. B. mit Fritz zusammen am 5. Jan. abends hinbringen wird.
In der Zeit der Stromausschaltung von 4 – 6 Uhr war das Ehepaar Triebsch bei uns, um zum Neuen Jahre zu gratulieren u. sich für das Weihnachtsgeschenk zu bedanken, das wir ihm im Hinblick auf die Oelfarben, die er mir zur Verfügung stellen will, geschickt hatten.
Vormittags am Bilde „Dorfstraße“ weitergemalt. Die Unterbrechung der Arbeit in den Weihnachtstagen bis heute verursacht, daß es recht schwer ist, wieder hineinzukommen, besonders, da das Bild beinahe fertig ist. So bekommt man zum Schluß noch seine Schwierigkeiten damit.
Nach dem Frühstück brachte Fritz die Nr. 8. der „Demokrat. Erneuerung“, die jetzt erst hier eingetroffen ist, obwohl sie schon am 12. Dez. von Schwerin, abgesandt wurde. Sie enthält nochmals zwei Aeußerungen über meine Schweriner Ausstellung. Die erste ist von einem Rostocker Studenten Düwel, welcher der Schwiegersohn jener Frau Kerstens ist, die in der Landeszeitung so zustimmend über meine Bilder geschrieben hat. Herr Düwel ist dagegen keineswegs zustimmend. Er vergleicht mich mit Käthe Kollwitz von deren Arbeiten ja um die gleiche Zeit eine Ausstellung in Rostock zu sehen war. Ein solcher Vergleich ist an sich schon einfach unmöglich, man könnte ebenso gut Böcklin mit Menzel vergleichen. Er beteuert dann weiter, daß ich eine „wirkliche Künstlerpersönlichkeit“ sei u. sagt viel Lobendes über meine Farben, aber dann verneint er mit Entschiedenheit die Frage, ob ich der heutigen jungen Generation etwas zu sagen hätte. Obwohl er sagt, daß ihn meine Bilder „erfaßt“ hätten,
Hans Brass: TBHB 1946-12-30. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-12-30_001.jpg&oldid=- (Version vom 5.12.2024)