Morgens das übliche, festtägliche Frühstück mit Bohnenkaffee, Ei u. Butter. – An Frau Dr. Riemschneider geschrieben, daß sie Bilder zurücksenden soll. – Mittags Festessen mit gebratenem Kaninchen u. Nachspeise, abends Kaffee mit Kuchen an Stelle des Abendessens. –
Von Jos. Faensen Brief, es geht ihm nicht gut, er war krank u. liegt noch zu Bett, sie können nur ein Zimmer heizen, in dem es nur 10° Wärme ist, alle wohnen in diesem Zimmer, d.h. mit einer alten Tante sind es sieben Personen, davon ein Säugling.
Deutschmann brachte etwas Kuchen u. ein Ei.
Gestern nachmittag in der Dunkelheit, war Dr. Burgartz da, er brachte für Fritz Post für den Kulturbund. Fritz war aber in Ribnitz. Dr. B. blieb bis 6 Uhr bei uns, wir luden ihn u. seine Frau zu Sylvester ein.
Fritz mußte nach Ribnitz, weil der dortige Polizeichef brieflich behauptet hatte, wir hätten aus Anlaß des letzten Einbruches Bezugsscheinwaren als gestohlen angegeben, die er in Wirklichkeit uns zurückgebracht hätte. Er drohte, uns wegen Betruges der Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Es ist natürlich nicht wahr u. es handelt sich entweder um einen Racheakt, weil wir der Mutter seiner Freundin, Frau Waag, den von ihr verlangten Wollstoff nicht gegeben haben, oder er will uns sonst wie erpressen. Fritz hatte mit ihm telephoniert u. verabredet, zwischen 2 u. 1/2 3 Uhr in Ribnitz zu sein, um die Sache aufzuklären. Fritz war gestern deshalb mit dem Rade hingefahren traf ihn aber trotz der Verabredung, nicht an, seine Frau behauptete, er sei dienstlich fortgefahren. Infolgedessen fuhr Fritz heute früh nochmals nach Ribnitz. Diese ganze Sache sieht sehr faul aus, es ist offensichtlich, daß der Kerl irgendetwas im Schilde führt.
Gestern an Ruth u. Erich geschrieben, vorgestern an Faensens. Gestern Abend Brief von Schw. Gertrud Dobczynski, die wieder in Barth ist. Sie schickt mir die Tagebuch-Aufzeichnungen der letzten Tage ihres Bruders. Sie sind mit der Maschine auf Durchschlagpapier doppelseitig geschrieben u. stellenweise nicht zu entziffern, doch will ich versuchen, sie hier abzuschreiben:
Tagebuch-Aufzeichnungen der Schw. Gertrud
Dobczynski über die letzten Tage ihres
Bruders, Pfr. Alvis Dobczynski in Barth.
19.5.45. Pfingstsonnabend: Nachmittags 5 Uhr stürmisches Klingeln. Russ. Offizier begehrt Einlaß. Nach früheren Erfahrungen öffne ich nicht selbst die Tür, hole A. aus dem Beichtstuhl. Er kann sich nur mit Mühe aufrecht halten. Tag u. Nacht gibt er uns Schutz, oft am Stock wankend. Jede Nacht liegen wir in Bereitschaft. .??. Unruhe draußen. Das Haus voll armer Menschen, hilfesuchend. Dicht gedrängt liegen sie Nachts. Damit das Essen für alle reicht, gibt es nur einmal am Tage ..?.. für alle. (An Diät für A. garnicht mehr zu denken.)
Hans Brass: TBHB 1946-12-25. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-12-25_001.jpg&oldid=- (Version vom 3.12.2024)