selbst war nicht anzutreffen, da er in Warnemünde wohnt. Drei Zeichnungen sollen nach Dr. Fiesel momentan in Wismar sein. Ich werde nun dem Kulturbunde schreiben u. die Sachen zurückverlangen.
Das gestern angelegte Bild war noch zu feucht, um weiter arbeiten zu können, weshalb ich den Vormittag damit zubrachte, die Buchungen für die BuStu. zu machen u. den November abzuschließen. Es ist immer eine langweilige Arbeit. Ueberhaupt ist die ganze Atmosphäre des Hauses wie stets unmittelbar vor Weihnachten für mich entsetzlich anödend. Die Gespräche drehen sich vom Frühstück an um nichts anderes, als um das Geschäft. Gewiß muß das sein, ich verdanke schließlich diesem Geschäft, daß ich malen kann, aber es ist ertötend, von früh bis spät diese Erwägungen anhören zu müssen. Seit dem Fritz hier ist ist das viel schlimmer geworden. Das Geschäft ist nun einmal sein Metier u. sein ganzes Denken kreist um diesen Mittelpunkt, – u. das ist wirklich gut u. ein wahrer Segen. Dennoch ist es für mich schwer, schon zum Frühstück diese Gespräche ertragen zu müssen. Ich habe eine Empfindung, als wäre ich hier zu Besuch u. hörte mir aus Höflichkeit diese Dinge an.
Nachmittags war nochmals Frau Lang-Scheer bei mir. Sie zeigte mir den Entwurf für die in der Rostocker Kirche geplanten Fresken. Sie behandeln Christus als Richter am Jüngsten Tage nach der Geheimen Offenbarung. Sie sind sparsam in Figuren u. Formen, in Braun u. Violett gehalten, sehr eindrucksvoll. Ich bin sehr neugierig auf die Ausführung. Ich konnte ihr einige Hinweise auf Verbesserung der Komposition geben, die sie bereitwillig annahm. Sie ist offenbar eine recht beachtenswerte Künstlerin, von der man wohl noch etwas erwarten kann.
Der Frost hat sich verstärkt, wodurch Martha heute in der sehr kalten BuStu. recht mitgenommen worden ist. Auch das trägt nicht grade dazu bei mein Wohlwollen dem Geschäft gegenüber zu vertiefen.
Ruhiger Sonntag. Vormittags gelesen u. eine Skizze gemacht für ein Bild, das mich schon seit einigen Wochen bewegt u. zu dem ich durch ein Bild von Carl Hofer „Mann in Ruinen“ angeregt wurde. Dieses Bild Hofers ist ganz besonders schlecht, ich möchte versuchen, etwas Besseres daraus zu machen.
Nachmittags verhandelten Frau Burgartz, Frau Richter u. unser neuer, junger Lehrer mit Martha u. Fritz in der Diele über eine Weihnachtsfeier der Flüchtlinge, woran ich aber nicht teilnahm.
Sonst ereignete sich nichts. Es ist nach wie vor sehr kalt u. es sieht nicht so aus, als ob es bald wieder wärmer werden wollte. Es war leichter Schneefall.
Ich habe den Entwurf eines neuen Bildes, den ich am Sonntag machte, nun so weit durchgearbeitet, daß ich gestern Abend noch spät eine neue Zeichnung machte, die nunmehr endgültig zu sein scheint. Ich bin in der Deformierung sehr weit gegangen, worüber ich noch etwas erschreckt bin, aber ich will es dennoch versuchen, da dieses Bild nicht sehr
Hans Brass: TBHB 1946-12-13. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-12-14_001.jpg&oldid=- (Version vom 3.12.2024)