Am Sonntag-Nachmittag kam noch Dr. Meyer, um nach mir zu sehen. Er empfahl mir, noch einmal eine Euvernil-Kur zu machen, da ich dieses Medikament noch habe. Er nahm Urin mit.
Abends mit Frau Dr. Riemschneider, Barbara u. Fritz im Atelier, doch zog ich mich gegen 8 Uhr zurück u. ging ins Bett. Das Fieber war aber vorbei, nur war ich sehr matt. Frau Dr. R. fuhr am Montag früh nach Schwerin zurück.
Am Montag begann ich die Euvernil-Kur, die ich bis Freitag durchführen will. Es geht mir gesundheitlich sehr viel besser. Der „Mann im Kerker“ macht mir noch immer viel zu schaffen.
Heute bekamen wir durch Vermittlung von Schönherr 30 Centner Kartoffeln aus Daskow. Es war sehr schwierig, da Daskow im Kreise Franzburg-Barth liegt u. keine Lebensmittel den Kreis verlassen dürfen. Polizeiposten halten in Damgarten jeden Transport auf. Infolgedessen mußten die Kartoffeln im Motorboot gebracht werden, um den Polizeiposten zu umgehen. Das Boot hatte 110 Centner geladen, viele Wustrower waren daran beteiligt. Es kam erst kurz vor 6 Uhr in Wustrow an, wo Fritz mit den Wagen von Holzerland u. Spangenberg wartete. Da diese beiden schon von 4 Uhr ab gewartet hatten u. nur mit viel Schnaps gehalten werden konnten, waren sie inzwischen schwer betrunken, besonders Spangenberg. Aber schließlich waren die Kartoffeln doch gegen 8 Uhr hier. Morgen früh werden sie eingemietet. Dann sind wir eine große Wintersorge los.
Von der Museumsleitung Rostock heute Antwort auf meine Anfrage wegen meiner Ausstellung. Es bestätigt sich, daß Dr. Graebke Rostock verlassen hat u. in eine Westzone ausgerissen ist. Sein Nachfolger Dr. Fiesel (?) teilt mit, daß aus der Ausstellung wegen vieler fadenscheiniger Grunde nichts würde, auch habe sich die Sektion für Bild. Kunst in Rostock dagegen gestellt. Es ist also wirklich so, wie Frau Dr. R. u. früher schon Ehm Welk sagten. Man war aber zu feige, mir das mitzuteilen. –
An Gert H. Theunissen, den berliner Kritiker, einen Brief geschrieben u. versucht, ihn für Schwerin zu interessieren.
Heute ist „Mann im Kerker“ fertig geworden. Gott sei Dank. Dieses Bild hat mir schwer zu schaffen gemacht. Es ist das Einundzwanzigste dieses Jahres. –
Herrn Dr. Fiesel geantwortet.
Johannes R. Becher, der als Präsident des Kulturbundes im Sommer hier im Hause Strohschnitter gewohnt hat, ist heute wieder hier, um das Haus von Prof. Niemöller für sich in Besitz zu nehmen. Mit ihm sind Stadtrat Matern u. Herr v. Achenbach hier. – Wie ich höre, müssen die im Hause untergebrachten Flüchtlinge sofort räumen. Herr Becher wird also Ahrenshoop als
Hans Brass: TBHB 1946-11-05. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-11-05_001.jpg&oldid=- (Version vom 30.11.2024)