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Als ob ich das nicht wüßte!

     Heute wird Martha zurückkommen. Ich habe geheizt.

     Gestern Abend ging das Licht schon um 7 Uhr aus. Sonst geht es nach einer Stunde wieder an, gestern dauerte es bis 9 Uhr. Ich wartete es nicht ab u. ging schlafen.

     Ich arbeite am Bilde „Mann im Kerker“, aber bis jetzt komme ich noch nicht weiter. Es ist sehr schwer.

Freitag, 18. Oktober 1946.     

     Martha traf am Mittwoch Abend erst spät mit dem kleinen Autobus von Johannsen ein, es war 8 Uhr vorbei. Sie brachte Anneliese mit, die ihr auf der Reise sehr nützlich war. Sie hat eine erste Rote-Kreuz-Karte von Kurt erhalten. –

     Martha hatte viel zu erzählen. Sie war u. a. bei Prof. Resch u. Herrn Damrow, die beide zwar versicherten, daß nach wie vor die Idee meiner Ausstellung bestünde; aber wann diese Idee Gestalt annehmen würde, wußte niemand. Die Räume in der Jägerstraße sollen zudem für eine Ausstellung keineswegs sehr schön sein. Martha ist dann nach Zehlendorf gefahren u. hat Herrn Hertwig besucht, derselbe, der im Sommer einmal von Prerow aus bei mir war u. der ein sehr netter Mensch ist. Er hat in Zehlendorf irgend welchen Einfluß u. hat sich sehr entgegen kommend gezeigt. Dann war sie bei Rechtsanw. Hoffmann, der sich über den Besuch ungemein freute u. der nun sehen wird, wie man diese Ausstellung im „Haus am Waldsee“ für mich machen kann.

     Gestern Abend öffneten wir zahlreiche Päckchen, die aus Regensburg eingetroffen waren, – schöne Nahrungsmittel, aber leider kein Kaffee.

     Von Heyde kaufte ich gestern für 300,– Rm. Rohtabak, vor einigen Tagen schon einmal für 200,– Rm. Es ist viel Geld, aber ich komme damit sehr viel weiter, als wenn ich 50 gr. fertigen Tabak kaufe, der auch 200,– Rm. kostet u. dann noch minderwertig ist.

     Der „Mann im Kerker ist ein sehr schwieriges Bild. Jetzt endlich scheint der Groschen gefallen zu sein.

Sonnabend, 19. Oktober 1946.     

     Von Fritz Telegramm, daß er heute Abend wieder bei uns sein wird. – Anneliese ist heute früh nach Berlin zurückgefahren.

     Vormittags gemalt. Das Bild ist überaus schwierig u. ich bin zeitweilig ganz verzweifelt.

     Nachmittags entdeckte ich in der Landeszeitung einen neuen Artikel über meine Schweriner Ausstellung. Verfasser ist ein Schriftsteller Adam Scharrer aus Schwerin, derselbe, welcher bereits vor Eröffnung meiner Ausstellung u. ehe er überhaupt je ein Bild von mir gesehen hatte, am Landessender den Versuch unternommen hatte, die Sendung über mich zu inhibieren. Dieser Herr ist, wie ich von Frau Dr. Riemschneider hörte, ein Freund von Venzmer, welcher ihn immer vorschickt, wenn er selbst im Hintergrunde bleiben will. Natürlich nimmt Herr Sch. entschieden gegen mich Stellung, hauptsächlich deshalb, weil meine Bilder keine Waisenkinder oder sonstige Menschen der Zeit, Flüchtlinge, Kriegskrüppel, Heimkehrer oder Arbeiter zeigen, dann

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Hans Brass: TBHB 1946-10-16. , 1946, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-10-18_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.11.2024)