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Donnerstag, 1. August 1946.     

     Das Gespensterbild ist fertig. Es ist gut in Farbe u. Komposition u. scheint ein neuer Anfang zu sein. Ich habe heute nochmals den Kopf der Dirne neu gezeichnet. Die Bewegung ist jetzt noch stärker geworden u. sie wird noch betont durch ein schleierartiges Tuch, das ich ihr um den Kopf gelegt habe. Die Zeichnung ist recht gewagt. Nase, Mund u. Kinn sind im nach links gerichteten Profil gezeichnet, Augen u. Stirn u. Wangen dagegen en face. Ich bin noch unsicher, ob sich das malen läßt, ohne daß ich zu sehr in die Art des Picasso gerate, aber ich werde es versuchen. Ein Keilrahmen ist zum Glück noch vorhanden.

     Gestern war Carl Papenhagen da. Ich sagte ihm, daß ich Bilderkisten brauche u. daß er sich darauf einrichten möchte. Er hatte viele Bedenken; aber die hat er ja immer. Schlimmer scheint mir zu sein, daß er nicht sehr gesund ist.

     Nach Wustrow u. Althagen sind nun Flüchtlinge aus dem Sudetenlande eingetroffen, man sagt, es wären tausend Personen. Die Leute haben aber Sachen mitgebracht u. haben auch auf der Reise nichts auszustehen gehabt, sodaß sie in einer guten Verfassung sind.

Freitag, 2. August 1946.     

     Augenblicklich scheint sich alle Welt für meine Bilder zu interessieren. Heute Vormittag war ein Dr. Konitzer mit seiner Frau u. noch einem anderen Herrn bei mir. Dr. K. ist ein großer, recht gut aussehender jüdischer Arzt der angeblich eine große Rolle in der staatlichen Gesundheitsbehörde spielt. Wer der andere Herr in seiner Begleitung, ebenfalls ein Jude, war, weiß ich nicht. Als wichtigste Persönlichkeit aber war mit diesen beiden, Herren ein Maler aus Dresden u. seine Frau (? etwas zu hübsch!), der mich zu überreden versuchte, einige Bilder zu einer Ausstellung nach Dresden zu senden. Es soll das eine umfassende Ausstellung deutscher Kunst sein u. dieser Maler behauptete, daß ich unbedingt dabei sein müsse. Ich bedauerte sehr u. sagte, daß ich eben in Rostock ausstellen wolle u. daß ich nicht die Absicht hätte, meine Bilder zu zerreißen. Der Maler meinte dann, daß die Rostocker Ausstellung vielleicht etwas verschoben werden könnte, aber ich wollte darauf nicht eingehen. Man ist mir in Rostock so bereitwillig entgegengekommen, daß ich da jetzt keine Ansprüche stellen will. Der Maler will zwar deshalb mit Stadtrat Matern verhandeln, aber ich habe garkein Interesse daran.

     Ich bin sehr erkältet, es ist häßliches Wetter.

     Nachmittags trank der Silberschmied Krause u. seine Frau bei uns Kaffee. Er hatte mir neulich eine Zigarre hiergelassen u. wollte mir auch heute eine mitbringen, doch hat er sie vergessen. Sonst sind es Leute ohne besondere Eigenschaften.

     Nachher grundierte ich die Leinewand für das neue Bild. Ich spannte sie vormittags auf. Vor diesem Bilde habe ich Angst, es ist sehr gewagt.

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Hans Brass: TBHB 1946-08-01. , 1946, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-08-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 12.11.2024)