ich diese Antwort schon skizzenhaft vorbereitet hatte. Der Brief hat mich trotzdem sehr angestrengt. – Abends kam dann ein Brief von Fritz + Ruth gemeinsam, der erste aus Regensburg. Fritz ist von vielen Seiten gewarnt worden, in die russische Zone zu gehen u. er ist deshalb ängstlich; aber dazu liegt jetzt kein Grund mehr vor. Wir sind ja schon längst kein militärisches Sperrgebiet mehr u. es sind seit längerer Zeit sehr viele entlassene, junge Soldaten hier, denen nichts geschieht. Die Schwierigkeit liegt nur im Wechsel von der amerikan., bzw. englischen Zone in die russische, ist er erst einmal drin, hat er nichts zu befürchten. Fritz will nun erst mal bis Ostern in Regensburg bleiben u. ich gönne ihm ein Osterfest dort von Herzen. Er fragt uns um Rat, wie er dann reisen soll; aber diesen Rat können wir ihm schwer geben. Martha wird heute zu Deutschmann gehen, der kürzlich Frau Wiethüchter mit Kindern nach Eisenach begleitet hat, von wo aus sie weiter nach Frankfurt a. M. zu ihrem Mann gefahren ist, ferner zu Herrn Strohschnitter, der kürzlich ebenfalls aus französ. Gefangenschaft hierher gekommen ist, – er war mit Fritz am gleichen Tage in Tuttlingen, ohne daß beide sich kannten; u. endlich zu Frau Boroffka, deren Sohn ebenso wie Ando Seeberg in Göttingen studiert u. den besten Weg hierher kennt. Wenn Martha das alles erkundet haben wird, werde in Fritz genaue Vorschläge machen.
Gesundheitlich scheint es mir heute besser zu gehen. Der Durchfall hat nachgelassen u. ich habe heute zum ersten Male mit Appetit gefrühstückt.
Heute ist der erste Tag, an dem ich mich wieder frisch u. gesund fühle. Ich stand früh auf, wusch mich zum ersten Male wieder in der Toilette u. zog mich an, sodaß ich fertig war, als Martha kam. Zum ersten Male frühstückte ich außer Bett am offenen Fenster, durch das die volle, warme Sonne scheint.
Gestern Abend schlief ich mit dem schönen Gedanken ein, daß diese Krankheit ein reines Gnadengeschenk Gottes gewesen ist. Ich habe in dieser ganzen Zeit täglich, so weit ich konnte, in der Dogmatik von Schmaus gelesen u. das Einfühlen in das Geheimnis des Dreifaltigen Gottes hat sich sehr vertieft. Es ist wieder reine, klare Luft zwischen mir u. Gott, alle Trägheit des Herzens u. alle Finsternis sind geschwunden.
Gestern Nachmittag schrieb ich an Fritz u. legte ihm dar, wie er herkommen könnte. Es wird aber wohl Mai werden, bis er kommt.
Gesundheitlich wie gestern früh. Ich war gestern den ganzen Tag auf u. las viel in der Dogmatik von Schmaus. Abends nach dem Abendessen regte Martha an, daß ich vielleicht auch schon oben im Wohnzimmer sitzen könnte. Sie hatte alles dazu vorbereitet, um es mir behaglich zu machen, auf die Staffelei hatte sie das Bild aus 1945, die Kiefern am Strand, aufgestellt. Das Bild wirkte furchtbar dunkel auf mich, ich sah alles, was schlecht daran ist u. war sehr empfindlich. Ich saß dann dort in meinem Sessel, aber alles war
Hans Brass: TBHB 1946-04-04. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-04-05_001.jpg&oldid=- (Version vom 30.10.2024)