aber, daß dies Wetter in Tauwetter übergehen wird, da der Wind von Osten nach Süden zu drehen scheint.
Der Wind ist wieder herumgegangen. Er hat sich gesteigert zu großem Sturm, etwa Windstärke 9 u. bläst aus Nordwesten u. hat neue Schneemassen mitgebracht, so daß heute ein richtiges Unwetter herrscht. Infolge dessen waren nur fünf Menschen zur Andacht gekommen. Es ist ein richtiges Katastrophenwetter –
Gestern brachte uns Herr Heyde ein neues Radio, einen ganz einfachen, in eine Pappschachtel eingebauten Apparat, von ihm selbst gebastelt. Die erste Nachricht, die wir daraus erhielten, war die einer furchtbaren Bergwerks=Katastrophe im Ruhrrevier, bei der weit über 400 Bergleute umgekommen sind. Es ist das die größte Bergwerks-Katastrophe, die sich bisher ereignet hat. Es scheint, als wirke sich die dreimal nacheinander auftretende Konjunktion von Mars mit Saturn in dieser Weise aus. Es ist zu fürchten, daß noch weitere ähnliche Katastrophen eintreten werden. – Saturn ist ja der Herr der Bergwerke u. aller dunklen Orte u. Gefängnisse usw. – Mars der Herr des Feuers. – Ich bin gespannt, ob sich diese Konjunktion auch für mich auswirken wird. Die große Konjunktion Jupiter-Saturn kurz vor dem Kriege hat mir persönlich ja kein Unglück gebracht, obgleich diese beiden Planeten bei mir im Quadrat stehen. Es scheint so, als ob dieses Quadrat sich für mich im Alter zum Segen verwandelt hätte u. Saturn sich nun von seiner anderen Seite zeigt. Wenn es der Fall ist, wird auch diese Konjunktion Mars-Saturn für mich segensreich sein. Saturn steht bei mir ja im Hause des Berufes u. der öffentlichen Stellung, Mars im Hause der Freundschaften u. Beziehungen. Meine kurze, aber doch erfolgreiche Stellung als Bürgermeister, die meine Beziehungen zu den Menschen hier so gut beeinflußt hat u. mir eine starke Geltung verschaffte, ist vielleicht ebenso darauf zurückzuführen, wie meine große Produktivität als Maler in dieser Zeit. Es ist sehr gut möglich, daß sich auch daraus eine neue u. günstige Beziehung zu Menschen ergibt, wie es angedeutet wird durch die bereits vorhandene, neue Beziehung zu Koch-Gotha u. Franz Triebsch.
Bei dem gestrigen Unwetter, das auch heute morgen noch einigermaßen anhielt, ist ein Dampfer, der von Wilhelmshaven nach Warnemünde unterwegs war, gescheitert. Die elf Mann starke Besatzung gelangte mit einem Rettungsboot an unseren Strand, total durchnäßt u. durchgefroren, u. wurden gleich von den Russen in Verwahrung genommen. Im Dorfe wurde eine Sammlung von warmer Unterwäsche gemacht. Seit Mittag hat sich der Sturm gelegt, aber es ist sehr kalt. Das Licht, das gestern nicht funktionierte, ist heute wieder in Ordnung, nur der Kraftstrom funktioniert nicht.
Heute Bart u. Gewand des Christkönigs gemalt, ohne befriedigendes Resultat. Hoffentlich gibt das nicht noch eine überraschende Schwierigkeit.
Am Sonnabend brachte der Briefträger Totzke die Nachricht aus Wustrow mit, daß der Pater aus Ribnitz am Mittwoch um 3 Uhr bei uns sein würde. Nähere Nachfrage ergab, daß er schon am Dienstag in Wustrow
Hans Brass: TBHB 1946-02-23. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-02-24_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.11.2024)