Seite:HansBrassTagebuch 1945-04-12 001.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Soldat seines Regiments, Beruf Landwirt, ist auf einem Auge blind, die rechte Hand ist verkrüppelt. Am gesunden Auge hat er eine Entzündung, so ist er praktisch blind. Zuhause würde er seine Landwirtschaft führen können, im Graben ist er nicht zu verwenden. Ein anderer Kamerad hat hat von einer Operation eine 25cm. lange Bauchnarbe u. eine 40cm. lange Rückennarbe, natürlich mit Narbenschmerzen. Mit diesen Leuten will man Krieg führen. – Fritz selbst hat wieder Zahnbeschwerden, aber es ist keine Zahnstation in der Nähe. Kriegerische Handlungen gibt es außer gelegentlichem Artilleriebeschuß nicht. – Der Stabsarzt hat einen Brief von meinem Schwiegersohn Dr. Heinrich Isensee erhalten. Er wohnt Bln. N.W. 87, Elberfelderstr. 5, er ist bei Osram beschäftigt. Er wird vorläufig Berlin nicht verlassen.

     Gleichfalls kam ein Brief von Otto Wendt. Hambg. soll als Festung bis zum letzten Mann verteidigt werden, jedenfalls ist dafür alles vorbereitet. Er meint, daß dieser Brief für lange Zeit wohl der letzte sein wird. –

     Gestern im Garten gearbeitet, altes Laub untergegraben, sehr anstrengend. Heute prachtvolles Wetter. Im Garten blühen in diesem Jahre die alten Hyazinten wieder sehr schön, nachdem sie im vorigen Jahre garnicht geblüht haben.

Donnerstag, 12. April 1945     

     Heute ist wiederum kein Strom. Gestern hatten wir nur morgens von 7 – 9 Uhr Strom. Es ist nun schon so der dritte Tag. Der Erfolg ist, daß die ganze Milch, die die Bauern in der Molkerei abliefern müssen, verdirbt u. daß es keine Butter gibt. Ebenso kann der Schlachter keine Wurst machen, der Frisör kann keine Haare schneiden. So ist es in unserem kleinen Dorf wie mag es erst in der Stadt sein.

     Gestern Abend war der Mittwoch-Vortrag wieder sehr anregend. Herr Dr. Hahn, der jetzt hier bei seiner Frau ist, nachdem seine Ausweich-Dienststelle im Besitz der Amerikaner ist, bat, zuhören zu dürfen. Er blieb nach dem Vortrag noch mit Frau Müller-Bardey da u. stellte einige Fragen, die nicht dumm waren, aber doch erkennen ließen, daß er vom christl. Glaubensgut eine nur unvollkommene Vorstellung hat. Er ist sonst ein recht intelligenter u. anscheinend vielseitig gebildeter Mann.

     Gestern Nachmittag war Frau Longard da, um zum Geburtstag der Frau Garthe etwas zu bekommen. Sie war wieder sehr amüsant u. sprach mit großer Anerkennung von der Beerdigung der Frau Kraus. Sowohl meine Ansprache, wie überhaupt die Art, wie ich das gemacht hatte, hat ihr sehr gefallen.

     Heute morgen bei prächtigem Wetter im Garten das letzte Laub von der Straße im Rhabarber-Beet eingegraben u. nachher mit Paul die letzten schweren Buchenkloben, die wir kürzlich bekamen, nach hinten geschleppt. Holz haben wir nun sehr reichlich, es muß nun bloß gesägt u. gehackt werden. Am Gartenzaun

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-04-11. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-04-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 17.7.2024)