Seite:HansBrassTagebuch 1945-02-15 001.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Teil der Wehrmacht würde dann mitmachen, ebenso die Arbeiter u. die Bürger u. Bauern. Notwendig dazu ist nur der wirkliche Besitz einer größeren Stadt wie Dresden oder gar Berlin.

     Budapest ist nun endlich ganz im Besitz der Russen. Es hat lange gedauert, die arme Stadt muß furchtbar gelitten haben. Posen hält sich immer noch, ebenso Königsberg. Glogau ist eingeschlossen, aber Breslau noch nicht völlig.

Donnerstag, 15. Febr. 1945.     

     Gestern Abend begann ich die neue Vortragsreihe über das Lukas-Evangelium. Ich hielt erst einmal einen einführenden Vortrag über die hl. Schrift im allgemeinen u. einen großen Ueberblick über das Leben u. das Heilswerk des Herrn. Die Beteiligung war sehr stark, ich glaube 12 Hörerinnen. Es herrschte große Aufmerksamkeit u. ein starker Kontakt zwischen mir u. den Damen. Alle waren sehr begeistert. – Während wir da im dunklen Zimmer saßen, – ich hatte nur unsere kleine Petroleumlampe bei mir stehen, weil es nach einer neuen Einteilung zwischen 1/2 9 Uhr u. 1/2 11 Uhr kein elektr. Licht gibt –, u. während ich vom Herrn Jesus sprach, zogen gewaltige Luftgeschwader über uns hin. –

     Unter den Hörerinnen befand sich auch die junge Frau Sadoni, eine Tochter des Pastors Loeber aus Althagen, die vor 4 oder 5 Wochen einen kleinen Sohn bekommen hat. Bevor sie gestern hierher kam, hatte sie einen Brief von ihrem Mann erhalten, in welchem er ihr mitteilt, daß seine Einheit in Mostar in Jugoslawien eingeschlossen sei. Dieser Brief ist noch mit einem Flugzeug aus dem Kessel herausgekommen. Es sind die sog. Bandentruppen des Marschalls Tito, gegen die sie dort unten kämpfen u. von denen sie nun eingeschlossen sind. Diese Kämpfe dort werden von unserer Seite von je her mit großer Grausamkeit geführt, Gefangene sind prinzipiell erschossen worden, sodaß auch unsere Soldaten nun nichts anderes zu erwarten haben. S. schreibt deshalb an seine junge Frau, daß dieser Brief der letzte sein würde, den sie von ihm bekommen würde. Es war sehr erschütternd, wie diese junge Frau litt. S. weiß noch nicht einmal, daß er Vater eines Sohnes ist. –

     Abends wurde bekannt, daß Schneidemühl von den Russen erobert ist. In Niederschlesien gehen die Kämpfe weiter, die Russen scheinen dort erhebliche Fortschritte gemacht zu haben. Es wird immer deutlicher, daß sie die Absicht haben, Berlin vom Süden her zu umgehen.

     Mit dem Religionsunterricht habe ich insofern Plage, als die Jungens von nun an in einer Woche von 1 – 3 Uhr Schule haben u. dann zu mir kommen, in der nächsten Woche aber haben sie von 3 – 5 Uhr Schule, immer abwechselnd. Gestern waren sie bei mir u. baten, daß ich deshalb den Unterricht danach einrichten möge. So sollen sie von heute ab in der einen Woche von 11 – 12 Uhr zu mir kommen, in der nächsten wie bisher von 3 – 4 Uhr.

Sonnabend, 17. Febr. 1945.     

     Gestern erhielten wir wieder zwei Bücherpäckchen von Fritz: Ernst Böminghaus: „Meditationen zum Weg der Deutschen Kirche“ und Joseph Diebolt: „Wege zur Freude“ – beide aus dem Alsatia- Verlag u. anscheinend sehr gute Bücher. Ferner noch „Hortus deliciarum“, eine Bilderauswahl frühmittelalterl. Zeichnungen. Interessant. Dieses Buch

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-02-15. , 1945, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-15_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.7.2024)