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Sonnabend, 3. Febr. 1945.     

     Gestern Nachricht von Fritz vom 20, 21, 22. Jan. Zu dieser Zeit lag seine Einheit immer noch in Ruhestellung u. vom Osten scheint er bis dahin noch keine Nachricht bekommen zu haben, die den wahren Ernst der Lage erkennen ließ, denn er schreibt nur davon, daß „der Druck im Osten doch beachtenswert“ sei. Sein Brief trägt die Nr. 4., er hat also zwischendurch keinen anderen Brief geschrieben. – Sein Verhältnis zum Stabsarzt hat sich gebessert. Dieser hat ihm gesagt, daß er an sich schon bereit sei, ihm den San.=Dienstgrad zu geben, daß er aber befürchtet, Fritz dann endgültig zur Kompanie abstellen zu müssen u. Fritz sei den Bedingungen im Graben doch nicht gewachsen. Damit hat der Stabsarzt durchaus recht u. Fritz soll ruhig Gefreiter bleiben. Am 21.1. vermerkt Fritz dort verstärkten Feinddruck. Trotzdem wird seine Einheit immer noch nicht zur Wiederauffüllung zurückgezogen. –

     Außerdem kam gestern ein großes Expreßgut von Fritz mit allerhand gutem Inhalt, u. a. ein kleiner Schinken. Auch die Pumpe brachte Richard gestern endlich zurück. Wir müssen nun versuchen, Drews zu bekommen, damit er sie einbaut.

     Gestern wurde bekannt, daß die Franzosen Kolmar eingenommen haben; also muß Fritzens Einheit nun ja von dort fort sein. Feldw. Stegmiller scheint ja bis zuletzt in Kolmar gewesen zu sein. Hoffentlich ist alles gut gegangen.

     Im Osten gehen die Dinge etwas verlangsamt weiter, hauptsächlich im Raume östlich vor Frankfurt u. Küstrin, wo eine Panzerschlacht im Gange sein soll u. dann auch in Richtung auf Stettin. An diesem Teile der Front werden die Russen weniger Schwierigkeiten mit dem Nachschub haben, weil sie ja schon vor ihrer Offensive eine Etappenlinie bis nach Warschau besaßen. Im Süden wird es damit schwieriger sein u. der Angriff muß hier zunächst eine Pause machen. –

     Es heißt seit gestern Abend, daß die Lebensmittel=Zuteilungsperiode um eine Woche verlängert werden soll, d.h. also, daß es für eine ganze Woche weder Brot noch Mehl noch sonst irgendwelche Lebensmittel geben wird. Damit steht nun also das Gespenst des Hungers plötzlich unmittelbar vor uns. Möglicherweise bricht damit die ganze Organisation der Lebensmittel=Verteilung in sich zusammen u. es wird jedem überlassen bleiben, wie er sich Nahrung verschafft. Dann können wir, die Herr Hitler mit „Strohköpfe“ bezeichnet hat, sehen, wie wir weiterkommen. –

     Gestern Abend Erich Seeberg. – Paul will seine Schwester hierher holen, wie auch Eva, – aber es erscheint zweifelhaft, ob das noch möglich sein wird. –

     In der kommenden Woche wird nun wohl die entscheidende Konferenz zwischen Roosevelt, Churchill u. Stalin stattfinden, möglicherweise hat sie heute bereits begonnen. Dies wird die wichtigste Konferenz des ganzen Krieges sein, in der die endgültigen Entscheidungen getroffen werden. Man wird aber kaum etwas Genaues über diese Entscheidungen hören. Auch der Krieg gegen Japan wird zur Debatte stehen. Die Amerikaner sind im Anmarsch auf Manila u. wenn sie, was kein Zweifel ist, die Philippinen wieder erobern, dann werden die

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Hans Brass: TBHB 1945-02-03. , 1945, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-03_001.jpg&oldid=- (Version vom 16.8.2024)