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Mittwoch, 24. Jan. 1945.     

     Der Obergefr. Mehlis, der morgens vorbei kam, als ich beim Schneeschippen war nahm mir diese Arbeit ab. Er schippte nicht bloß den Bürgersteig um das ganze Grundstück, u. zwar in 2 mtr. Breite, sondern er schaufelte auch noch das Dach der BuStu. frei Ein unglaublich anständiger Kerl er hat über 2 Stunden gearbeitet u. bedankte sich dann noch für die Schachtel Cigaretten, die ich ihm gab. – Er erzählte mir, daß der Batteriechef bei der üblichen Lagebesprechung gestern gesagt habe, wir hätten den Krieg endgültig verloren, wenn wir das oberschles. Industrierevier verlören, denn es sei dort der größte Teil der synthetischen Treibstoff-Fabrikation. Ja, das ist natürlich allbekannt, aber daß der Batteriechef, der noch überdies ein Nazi ist, dergleichen offiziell sagen darf, deutet doch darauf hin, daß der Zusammenbruch bevorsteht. –

     Gestern haben die Russen Bromberg genommen. Mehlis sagte mir, daß offiziell mitgeteilt sei, wir hätten das Reichsehrenmahl von Tannenberg gesprengt, ehe wir es den Russen überlassen hätten, die Särge von Hindenburg u. den sonst noch dort Beigesetzten seien vorher geborgen worden. – Zwischen Breslau u. Oppeln haben die Russen in 60 km. Breite die Oder erreicht, womit das Industrierevier ja praktisch lahmgelegt ist. In Ostpreußen sollen sie 40 km. vor Elbing stehen, Königsberg soll nur noch etwa 20 km. von der Front entfernt sein.

     Heute ist nun tatsächlich der Briefverkehr eingestellt, nur noch innerhalb von 75 km. können Briefe aufgegeben werden.

     Gestern kam wieder ein Expreßgut von Fritz mit sehr schönen Büchern aus dem Alsatia-Verlag.

Donnerstag, 25. Jan. 1945.     

     Gestern kam es leider infolge des Betragens Erikas wieder einmal zu einer höchst unerfreulichen Auseinandersetzung. Ich erzählte bei Tisch von der Lagebesprechung des Batteriechefs u. daß er gesagt habe, wir hätten den Krieg verloren, falls wir das oberschles. Industrierevier verlören. Ich erzählte das absichtlich, um Erika zu zeigen, daß Männer in verantwortlichen Kommandostellen, die noch dazu überzeugte Nazis sind, diese Tatsache, die ja im übrigen nicht bezweifelt werden kann, ihren Untergebenen mitteilen. – Erika erklärte darauf sehr schnippisch, es sei ja unerhört, daß der Batteriechef dergleichen sagen könne, die Soldaten würden doch diese Ansicht ihres Chefs weitererzählen. Ich antwortete ihr, daß der Batteriechef ja wohl selbst wissen müßte, was er sagen u. nicht sagen könne u. wenn die Soldaten das natürlich weiter erzählten, so diente das doch bloß der nun einmal unabänderlichen Wahrheit. Darauf antwortete sie noch schnippischer, daß man dergleichen eben nicht sagen dürfe, auch wenn es Wahrheit wäre. Nun wurde ich ärgerlich u. sagte mit betonter Schärfe, daß es nun endlich an der Zeit sei, die Dinge anzusehen, wie sie wirklich sind u. nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Erika stand daraufhin vom Tisch auf u. verließ das Zimmer. –

     Ich hätte selbst zu dieser Sache nichts weiter gesagt, aber Martha war über dieses Benehmen sehr aufgebracht u. es kam zu einer langen Aussprache zwischen Küntzels u. uns, wobei Grete, wie immer, zu begütigen u. zu

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Hans Brass: TBHB 1945-01-24. , 1945, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-01-24_001.jpg&oldid=- (Version vom 6.7.2024)