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zurückgelassenen Eigentum der geflohenen Einwohner, werfen die Sachen dann wieder weg u. sie werden zertreten, verbrannt u. vernichtet. Was der Krieg nicht vernichtet, das vernichten die Soldaten u. wenn dann die früheren Besitzer kommen, um ihr zurückgelassenes Hab u. Gut zu bergen, so finden sie nichts mehr. Diese Leute haben meist nur das nackte Leben gerettet. Die Folge ist, daß diese Leute eine große Wut auf die Soldaten haben denn sie haben ja mit Recht erwartet, daß deutsche Soldaten das Eigentum ihrer deutschen Landsleute respektieren würden. – Das stimmt also mit dem überein, was man auch sonst hört. – So sieht Fritz wirklich, was der Krieg ist, u. das ist gut für ihn. Er sieht die Menschen sterben, teils qualvoll, teils erleichtert in der Hoffnung, nun all dieses Elend überstanden zu haben. – An Büchern sandte er ein dickes Buch: „Die Himmelfahrt Christi in d. bild. Kunst“ von Dr. S. H. Gutberlet. Dies ist eine Schwester aus dem Orden der engl. Fräulein zu Mainz (Schw. Helena Gutberlet 7. St. M.) Ob mich diese philologische Arbeit sehr interessieren wird, weiß ich nicht. Sodann schickte er kleine Schriften von Felix Rutten, Ludw. Winterswyl, Guardini, Reinh. Schneider, Timmermans u. Kirschweng.

     Gestern Abend haben wir wieder die Mittwoch-Vorträge aufgenommen. Von den alten Teilnehmern waren Marianne Clemens u. Frau Korsch da, Frau Ziel ist krank u. Carmen Grantz konnte wohl wegen der großen Glätte nicht kommen, sie ist schon seit langer Zeit nicht recht wohl. Neue Teihnehmer waren Frau Dr. Scheid, die ihren Mann mitbrachte, der für einige Tage hier ist, u. Ilse Schuster (König), sowie Grete, mit Martha also sieben Hörer. Ich sprach über das Bußsakrament. Marianne Clemens ist nun als alte Teilnehmerin den anderen überlegen, denn für diese war alles sehr neu u. nicht leicht begreiflich. Sie gaben sich aber große Mühe u. waren interessiert, mit Ausnahme von Grete, deren geistiger Hochmut ihr nicht erlaubt, zuzuhören, – u. was sie hört, legt sie dann in ihrem eigen Sinne aus. Leider fühlte sie sich verpflichtet, vielmehr wurde sie von ihrer Überheblichkeit gedrängt, nachher ihre Ansicht zu äußern u. erheblichen Unsinn zu verzapfen, sodaß ich ihr etwas unfreundlich das Wort abschneiden mußte. –

Heute starkes Schneetreiben aus Südost, Temperatur um den Gefrierpunkt.

     Mittags wird bekannt, daß die Russen gestern Warschau u. Tschenstochau eingenommen haben. Das sind große Erfolge. Sie werden dann auch Lietzmannstadt, rasch nehmen, welche Stadt dann wieder ihren rechtmäßigen Namen Lodz zurück erhalten wird, sowie das oberschlesische Industrierevier. Wollte Gott, daß es nur rasch voran geht.

     Heute war Frau v. Achenbach hier, die erschütternde Sachen von ihrem Mann erzählte, der vor einiger Zeit als Halbjude zur Organisation Todt eingezogen wurde. Alle Eingezogenen sind in furchtbar engen u. verwanzten Barracken untergebracht. Herr v. A. liegt in einer Barracke mit 28 Mann, in der sich nur ein schmaler Tisch befindet, an dem nur 8 Mann gleichzeitig sitzen können. Außer ihm ist nur noch ein anderer Halbjude da, die anderen sind arische Männer, die jüdische Frauen haben. Sie werden beschäftigt mit

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Hans Brass: TBHB 1945-01-18. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-01-17_002.jpg&oldid=- (Version vom 4.7.2024)