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Donnerstag, 30. Nov. 1944.     

     Mit der Abschnürung der Franzosen ist es nichts, es wird von uns nichts mehr davon gesagt, – u. was würde man für ein Geschrei machen, wenn es wahr wäre! Aber nach engl. Berichten ist im Gegenteil unsere 19. Armee so gut wie abgeschnitten, – u. da wird wohl Fritz dabei sein. – Wir haben ihm drei Weihnachtspäckchen gesandt, zuerst das eigentliche, dann noch einige Bücher für Feldw. Stegmiller für eine Zulassungsmarke, die Fritz extra sandte u. heute nochmals Bücher mit einer Zulassungsmarke, die uns Frau Dr. Müller-Bardeg überließ. Ich glaube aber nicht, daß er etwas davon erhalten wird. –

     Die Materialschlacht im Westen geht pausenlos weiter. Wie lange werden wir das aushalten? Es ist dort von uns schon viel Volkssturm eingesetzt, schlecht ausgerüstet u. noch schlechter ausgebildet. – Die Russen haben eine neue Offensive entlang der ungarisch-jugoslawischen Grenze begonnen, sie haben die Donau dort überschritten u. Fünfkirchen erobert. – Churchill, der heute 70 Jahre alt wird, teilte gestern im Unterhause mit, daß der Hafen von Antwerpen wieder benutzbar ist u. bereits von großen Uebersee-Dampfern angelaufen würde.

     Meine neue Landschaft – Meeresküste – wird sehr gut, doch hat sich heute kurz vor dem Abschluß ein Knoten gebildet. Ich hoffe, er wird sich morgen lösen lassen.

Sonnabend, 2. Dez. 1944.     

     Heute morgen kam eine junge Frau, die zu den ostpreuß. Flüchtlingen gehört u. im Hause Monheim wohnt. Sie wollte fragen, wie es mit dem Wasser wäre, das Wasser aus der Leitung sei fast ungenießbar u. die Handpumpe, die auf einem offenen Brunnen war, gehörte Saatmann, der sie sich wieder abgeholt hat. Nun hat die Frau ein acht Wochen altes Kind u. sie war in großer Furcht, daß das Wasser gesundheitsschädlich wäre. Wir beruhigten die sehr nette junge Frau u. hörten von ihr, daß sie aus Ortelsburg sei u. mit ihrer alten Mutter u. einem Buben u. einem Mädchen außer dem Säugling hier sei, dazu noch eine Haustochter. Ich bin um die Spätvormittagszeit hingegangen u. habe den Kindern einige Aepfel mitgebracht. Die alte Mutter eine noch recht rüstige u. sehr gut aussehende Frau Ende der fünfziger war mit der Haustochter in der Küche u. briet Bouletten. Ich ging mit ihr in den Keller u. zeigte ihr die Handhabung der elektr. Pumpe, sagte ihr, daß sie Trinkwasser aus dem anderen Brunnen schöpfen solle mit einem Eimer. Die junge Frau kam dann auch, beide freuten sich, daß sich jemand um sie kümmerte. Ich war auch in ihrem Zimmer oben, wo die NSV. jetzt einen kleinen Kachelofen aufgestellt hat. Es sah dort sehr ordentlich aus, obgleich alle in diesem einen Zimmer schlafen, – es müssen Leute aus recht guten Verhältnissen sein. – Man hat nun zwar einen Ofen aufgestellt, aber die Frauen sagten, Ihlefeld sei heute morgen dagewesen u. habe gesagt, daß von den im Hause vorhandenen

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Hans Brass: TBHB 1944-11-30. , 1944, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-11-30_001.jpg&oldid=- (Version vom 1.7.2024)