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Warschaus. Diese Rede scheint unserer Regierung sehr unangenehm gewesen zu sein, denn sie behauptet, daß der hl. Vater diese Rede garnicht gehalten hätte.

     In Paris hat der kathol. Schriftstellerverband getagt u. hat den Grafen d'Ormisson zum Vorsitzenden gewählt. Dieser war früher Gesandter beim hl. Stuhl. Während der Besetzung Südfrankreichs durch die Deutschen hat er sich verborgen gehalten, zuletzt in einer Karthause in den Alpen als Mönch verkleidet. Diese französ. Katholiken werden vielleicht sehr viel zur Rettung des Christentums beitragen können, nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa, hoffentlich auch in Deutschland.

Montag, 20. Nov. 1944.     

     Gestern Nachmittag Herr + Frau Prof. Triebsch zum Kaffee bei uns. Oberflächliche Unterhaltung, aber dennoch ganz nett, denn die Frau ist ein sehr warmherziger Mensch, der Glaube verbindet uns mit ihr. Mit seinen Augen wird es immer schlechter. Obgleich er zwei Spezialbrillen aufsetzte u. eine große Lupe benutzte, konnte er meine Bilder, die ich ihm zeigte, kaum erkennen. –

     Die Franzosen sollen ganz im Süden der Westfront, an der schweizer Grenze, den Rhein erreicht haben. So fängt man also wieder an, sich um Fritz Sorgen zu machen. – Die Amerikaner haben Metz eingeschlossen, ein Teil der Stadt ist bereits in ihrem Besitz. An der ganzen übrigen Front wird schwer gekämpft. Im Raum Metz war bereits Volkssturm eingesetzt, einige Abteilungen desselben haben sich ergeben. Sie kämpften ohne Uniformen, mit Armbinden. Sie waren ohne besondere Ausbildung in den Kampf geworfen u. demonstieren nur jedem, der es noch nicht wissen sollte, daß wir auf dem letzten Loch pfeifen.

Dienstag, 21. Nov. 1944.     

     Gestern drei Briefe von Fritz vom 5. 11. u. 2 x v. 12. 11. Zu dieser Zeit hatte die Offensive noch nicht begonnen. Es ist jetzt der San-Feldw. Stegmiller bei ihm, ein Kaplan. Gott sei Dank! Fritz freut sich, daß er jemanden hat, an den er sich halten kann. Am 12. 11. war er mit Stegmiller beim Troß, um den Gerätewagen umzuräumen, da ja die Einheit jetzt auf Pferdebetrieb umgestellt ist u. eine sog. „Volksgrenadier-Division“ geworden ist u. am folgenden Tage wollte St. dort in der Kirche zelebrieren, woran Fritz teilnehmen wollte. Zum ersten Male schreibt er etwas über seine Hemmungen gegenüber der Kirche, ohne zu sagen, worin diese Hemmungen bestehen; aber es ist gut, daß er endlich überhaupt einmal derartiges ausspricht. – Mit seinem Stabsarzt scheint es nicht immer ganz zu klappen.

     Die Truppen, die dort an diesem Abschnitt von Belfort liegt, scheinen, sehr wenig vertvoll zu sein. Gestern hat die 1. franz. Armee Belfort erobert u. ist längs der schweizer Grenze bis zum Rhein durchgestoßen. Wahrscheinlich sind wir von diesem Angriff überrascht worden, denn Fritz schrieb früher, daß dort nur Kolonialtruppen lägen u. man einen Angriff nicht erwartete. Deshalb scheinen auch bei uns Einheiten fortgenommen worden zu sein, um bei dem bedrohten Metz eingesetzt zu werden, natürlich ohne Erfolg, denn Metz dürfte

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Hans Brass: TBHB 1944-11-20. , 1944, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-11-20_001.jpg&oldid=- (Version vom 1.7.2024)