Seite:HansBrassTagebuch 1944-11-01 001.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

wohl auch sehr gut sein. –

     Fritz schreibt, daß der Ersatz, den sie jetzt bekommen haben u. mit dem das Bataillon neu aufgestellt worden sei, aus Luftwaffensoldaten, Marinesoldaten, SS=Leuten u. Soldaten des Heeres, bestünde. Es ist das ein Beweis, wie sehr unsere Reserven aufgebraucht sind. Jetzt fängt man auch langsam an, zu merken, was es mit den sog. „Volksdivisionen“ auf sich hat, von denen so viel die Rede ist, seitdem Herr Himmler das Heimatheer befehligt. Es sind das neu aufgestellte Formationen, die sich aus all den Leuten zusammensetzen, die bisher noch nicht Soldaten waren, besonders die Parteifunktionäre, die bisher irgend einen Druckposten in der Heimat hatten, aber auch alle, die sonst bisher u. k. gestellt waren oder auch solche, die bisher wegen mangelnder Gesundheit nicht Soldaten wurden. Diese Formationen hat man nach 14tägiger Ausbildung als Kanonenfutter an die Front geschickt, manche sind nicht einmal 14 Tage ausgebildet. Es läßt sich denken, was das für Soldaten sein werden. Nur die Offiziere u. Unteroffiziere sind Leute mit Fronterfahrung. –

     Dennoch läßt sich nicht ersehen, wann dieser Krieg ein Ende finden soll. Das Luftbombardement der Städte im Westen, der Industrie= u. Verkehrsanlagen geht in schärfster Form seinen Gang u. nach dem, was man hört, kann im Westen von einem Eisenbahnverkehr schon längst keine Rede mehr sein. Auch Fritz schreibt, daß die Straßen am Tage für den Autoverkehr unbenutzbar seien u. daß der ganze Verkehr über Feld= u. Nebenwege gehe, die freilich in einem tollen Zustand sind; aber dennoch wird gefahren. Wenn die Anglo-Amerikaner in demselben Tempo weiterkommen, wie bisher, seitdem sie an unserer Grenze stehen, dann ist der Krieg auch Ostern nicht zu ende. Zwar werden wir in diesem Winter eine Hungersnot durchmachen, wie wir sie in Deutschland wohl selbst im 30jähr. Krieg nicht erlebt haben; aber den Nazis ist das egal, – sie hungern schon nicht. Eine hier aus Berlin evakuierte Dame erzählte mir kürzlich, daß in Berlin schon seit längerer Zeit überhaupt kein Gemüse zu bekommen sei infolge der Verkehrsschwierigkeiten. Es sei der Weißkohl in Scheiben zu 200 Gramm verkauft worden. –

Mittwoch, 1. Nov. 1944.     

     Gestern Nachricht von Fritz vom 18/19 Oktober. Es geht ihm gut. – Ferner Rechnung von Spitta + Leutz, Berlin über Farben, die ich auf die Bezugskarte von Otto Luke bekomme. Sie haben alles geliefert, was ich bestellt habe 4 Tb. Weiß, 29 Tb. andere Farben. Nur Mastix habe ich nicht bekommen, dafür 2 Fl. Malmittel II.

     Abends wiederum Nachricht von Fritz, Datum 24. Okt. Der arme Kerl erlebt, was beim Militär alle gewissenhaften u. brauchbaren Leute erleben: es wird ihm der Weg zur Beförderung versperrt durch seinen Vorgesetzten, der ihn nicht entbehren will. Am 1. Nov. beginnt in Altkirch im Elsaß ein Kursus für Sanitätsdienstgrade; aber sein Stabsarzt schickt ihn nicht hin, weil er meint, daß Fritz dann nicht zu ihm zurückkommt u. er ihn nicht entbehren will. Es hat eine Auseinandersetzung zwischen ihm u. Fritz gegeben u. Fritz fürchtet, dabei zu weit gegangen zu sein; das aber wird kaum der Fall sein, es ist vielmehr recht gut, daß er auch dem Vorgesetzten gegenüber seine

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1944-10-31. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-11-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 28.6.2024)