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Aktion hörte, erregte sie sich so, daß ein Herzschlag eintrat. So häufen diese Mörder immer neues Blut.

     Die Engländer machen an der Scheldemündung sehr langsame Fortschritte, etwas besser scheint es bei den Russen in Süd= u. Ostungarn zu stehen.

     Am Sonnabend habe ich das Stilleben Maria mit Blumen vollendet. Es ist wirklich sehr schön geworden, sowohl in den Farben Gelb, Braun, bis ins Rot u. dazu die grünen Blätter, wie auch in der Linienkomposition. Ich glaube, daß ich nun einige Landschaften malen werde. Ich habe meine alte Mappe mit Naturstudien vorgeholt, die ich 1931 u. 32 gemacht habe, alle hier in der Gegend aus dem Jahre 1931, als ich nach dem Autounfall wieder anfing, etwas gehen zu können u. einige aus dem Jahre 1932, als ich mit Frau H. in Neu=Kunersdorf in der Nähe von Schneidemühl war. – Diese Landschaften werden allerdings wohl sehr abstrakt werden, ich will es versuchen.

Dienstag, 24. Oktober 1944.     

     Gestern Abend ist Gerda Knecht in der Klinik in Rostock gestorben. Sie hat qualvolle Wochen voller Schmerzen hinter sich u. das mag ihr das Sterben erleichtert haben. Damit ist ein sehr junges Leben voller Eitelkeit u. Hoffart zu Ende gegangen u. es ist zu fürchten, daß damit auch das Leben der ganzen Familie Knecht zu Ende gehen wird. Eine zweite Frau dieser Art die bereit ist, in dieses verschuldete Anwesen hineinzuheiraten u. die zugleich seiner aufgeblasenen Eitelkeit Genüge tut, wird Walter Knecht nicht finden. Es wird ihm nichts übrig bleiben, als seine Schwester, Frau Matz, wieder zurück zu holen, die ihm früher nicht mehr genügte; aber inzwischen ist diese älter u. nicht tüchtiger geworden. Sie wird aber zurückkommen müssen, weil es sich ja auch um ihr Vermögen handelt, – u. diese ganze, zahlreiche Familie Beichler, die bisher sich dort breit gemacht hat u. alles kahl gefressen hat wie die Heuschrecken, – sie wird nun wohl wieder verschwinden. – Und nun wird das Geschrei um ein kathol. Begräbnis groß sein, – aber vergeblich. – Es ist alles sehr traurig.

     Dem Gerücht nach soll sich gestern noch ein anderer Tod ereignet haben: Himmler soll gestern in Budapest das Ziel eines Attentates gewesen sein. Sein Stabschef soll tot sein, Himmler selbst nur verwundet. Gott verzeih mir, wenn ich wünsche, daß dieses Gerücht sich bewahrheiten möge! –

     Mit dem Tode Himmlers würde dann auch die Schmarotzer=Existenz des Herrn Lorenz vorbei sein. Grade gestern wurde davon gesprochen, daß dieser Kerl sich überall in Deutschland Grundstücke gekauft habe u. sein errafftes Vermögen in Industriewerten angelegt habe. Einem anderen Gerücht zufolge, sollen alle führenden Industriellen des Rhein= u. Ruhrgebietes verhaftet worden sein, weil sie für den Abschluß eines sofortigen Friedens agitiert hätten. Auch diese Leute verdienen nichts Besseres. Sie haben von Anfang an Hitler unterstützt, weil sie wußten, daß Hitler Krieg bedeutet u. sie am Kriege verdienten. Nun, wo es schief gegangen ist, sie aber dennoch ungeheuer verdient haben, – nun wollen sie Frieden, um ihre Kriegsgewinne zu retten, denn sie wissen, was sie verlieren werden, wenn es dem ganzen Industriegebiet geht wie Aachen. –

     Ueber Aachen u. seine Evakuierung werden nach u. nach grauenhafte Einzelheiten bekannt. Die SS=Männer

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Hans Brass: TBHB 1944-10-23. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-10-24_001.jpg&oldid=- (Version vom 28.6.2024)