Seite:HansBrassTagebuch 1944-10-07 001.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Der dortige Arzt möchte ihn gern behalten, aber das Regiment soll nun neu aufgestellt werden u. wahrscheinlich wird er dann wieder zur Truppe kommen. Von allem Sanitätspersonal seines Bataillons, einschl. dem Oberarzt 16 Personen, ist ja nur er u. der Unteroffizier übrig geblieben, alle anderen sind tot, verwundet oder gefangen.

     An den Fronten noch keine Veränderungen, mit Ausnahme von Albanien u. Griechenland, wo alliierte Truppen teils aus der Luft, teils von See her gelandet sind. Das deutet darauf hin, daß nun ein neuer Angriff vom Balkan her versucht werden soll, denn gleichzeitig rücken die Russen gegen Belgrad vor, das bereits im Feuerbereich ihrer Geschütze liegen soll. Auf dem Balkan mögen etwa fünf Divisionen von uns stehen, mit denen man leicht fertig werden wird.

     Gestern Abend Frau Dr. Müller-Bardey.

     Heute das Blumen-Stilleben vollendet. Sehr naturalistisch, – ein Bild, welches dem Publikum gefallen wird.

Sonnabend, 7. Oktober 1944.     

     Nach ziemlich langer Pause hatten wir vorgestern Abend wieder einmal Fliegeralarm, der sich gestern Vormittag u. gestern Abend wiederholte. Gestern Vormittag flogen sehr starke Verbände über uns weg bei wolkenlosem, klarem Wetter, sie griffen Berlin, Hamburg, Harburg u. verschiedene kleinere Plätze in diesen Gebieten an. Gestern Abend sollen sie angeblich Stralsund angegriffen haben. Gestern Vormittag schoß auch unsere Flak, u. zwar, ehe Luftalarm gegeben wurde, die Granaten krepierten teilweise über unserem Grundstück. – Im Westen sind die Fliegerangriffe überaus stark, es werden fast täglich fünf, sechs, sieben Städte gleichzeitig angegriffen, wobei immer viele Lokomotiven u. Güterwagen zerstört werden, neben den Fabriken. Es ist undenkbar, daß wir in der Lage sind, für diese Zerstörungen kriegswichtigster Betriebe u. Verkehrsanlagen Ersatz zu schaffen. So ist auch der Dortmund-Ems-Kanal völlig zerstört worden, die Schleppkähne liegen auf dem Grunde.

     An den Fronten wird hart gekämpft, ohne daß irgendwo entscheidende Resultate erzielt werden. Im Baltikum, wo der Fall von Riga zu erwarten war, ist es still, nur im äußersten Süden sind die Russen, vereint mit Titos Streitkräften, jetzt dicht vor Belgrad. In den letzten Tagen sind die Engländer in Griechenland gelandet, haben Patras genommen, wo unsere Truppen anscheinend so gut wie keinen Widerstand geleistet haben, u. sind jetzt im Vormarsch auf Athen. Man muß annehmen, daß unsere in Griechenland u. Mazedonien stehenden Divisionen sich rasch ergeben werden, da sie keine andere Wahl haben, – sie können weder zurück, noch können sie Nachschub aus der Heimat erhalten.

     Frau Dade erwartet heute Trude, die für eine Woche herkommen soll, um sich Wintersachen zu holen. Ueber Paul ist bis jetzt noch keine Entscheidung erfolgt, Grete hatte gestern einen Brief von ihm. Er weiß, daß wir einen Antrag auf Entlassung gestellt haben, aber von einer Wirkung ist noch nichts zu merken. –

     Infolge des Alarms gestern Abend war Regine Treffer nicht zum Rosenkranz gekommen. – Heute war wieder um 1/2 12 Uhr Mittags Alarm, der bis 215 Uhr dauerte. Man hörte starke Verbände über uns, doch sah man

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1944-10-05. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-10-07_001.jpg&oldid=- (Version vom 26.6.2024)