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Er hat seit Wochen keine Post mehr empfangen. Seine Truppe hat mit den Resten einer SS-Division ihre Verluste seit drei Monaten aufgefüllt, auch Fliegersoldaten sind dabei, sodaß diese Truppe nun eine bunt zusammengewürfelte Gesellschaft geworden ist. Alle sind ganz gut gekleidet u. ernährt, da sie auf dem Rückzuge Bekleidungs= u. Verpflegungsdepots plündern konnten, ehe diese in die Luft gesprengt wurden. –

     Abends war Schmidt-Isserstett mit Frau bei uns. Wir tranken Schnaps u. es war ganz angeregt, obgleich Martha Kopfschmerzen hatte u. Schmidt-Isserstett ein reichlich ungeistiger Mensch ist. Die Frau dagegen ist sehr nett. –

     An den Fronten scheint sich nichts Wesentliches ereignet zu haben. Die Luftlandung in Holland soll sich erst auswirken. Unser Widerstand bei Warschau scheint nach wie vor sehr stark zu sein.

     Gestern das neue Engelbild untermalt.

Mittwoch, den 20. Sept. 1944.     

     Die Landung aus der Luft ist offenbar vollauf geglückt. Bei Arnheim scheinen jetzt starke Kräfte zu stehen, also jenseits des Rheins, sodaß dort ein Brückenkopf gebildet ist, von dem aus dann ein neuer Angriff von Norden nach Süden geführt werden kann. – Feldmarschall v. Rundstädt hat jetzt im Westen das Kommando wieder übernommen, nachdem er nach der Invasion durch Feldmarschall v. Kluge ersetzt worden war, der dann anscheinend eines mysteriösen Todes gestorben ist. Sein Nachfolger war Feldmarschall Model, wo dieser nun abgeblieben ist, ist nicht bekannt. Auch von Rommel hört man nichts mehr. –

     Im Osten haben die Russen eine Offensive von Mitau bis Dorpat begonnen. Nachdem sie Finnland erledigt haben, soll jetzt wohl das Baltikum an die Reihe kommen. Auch in Siebenbürgen sind sie voran gekommen.

     Unsere Pumpe ist immer noch nicht in Ordnung.

     Das neue Engelbild macht Schwierigkeiten.

Donnerstag, 21. Sept. 1944.     

     Heute Nachmittag trafen Gretes Tochter u. Schwiegersohn ein mit Kind. Sie hatten eine zwar anstrengende, aber verhältnismäßig günstige Reise. Wir tranken gemeinsam Kaffee auf der Terrasse, da immer noch herrliches Herbstwetter ist. Der neue Neffe in Uniform als Oberleutnant, ein ganz netter, aber herzlich unbedeutender Mensch, dessen SS=Abzeichen am Kragenspiegel mich indessen überaus stört. Er hat bis 2. Okt. Urlaub u. bleibt so lange hier. – Ich habe ein wenig den Eindruck, als wären wir von meiner Schwester überrumpelt worden, denn nach allem, was die jungen Leute erzählen, ist die Lage in Prag durchaus noch nicht so, daß die Deutschen Prag verließen, sondern sie sagten im Gegenteil, daß alle Deutschen sonst dort blieben. Ihre Wohnung haben sie an eine Deutsche vermietet. – Wir werden abwarten, wie sich diese Sache anläßt.

     An den Fronten keine wesentlichen Veränderungen. Die Russen scheinen allerdings Fortschritte zu machen im Baltikum.

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Hans Brass: TBHB 1944-09-19. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-09-20_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.6.2024)