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Engländer daraufhin dasselbe oder noch Schlimmeres tun werden. Solche Flugzeuge können natürlich keine Einzelziele angreifen, sie fallen einfach auf die Städte herab u. werden eine furchtbare Vernichtung bewirken. Was wir können, können die Engländer längst. –

     Nachmittags mit Jens u. Lothar Religionsstunde.

Sonntag, 18. Juni 1944.     

     Die neue Waffe ist die Sensation des Tages. Man wird die Wirkung abwarten müssen. Die Engländer setzen alles daran, diese Wirkung u. auch die Orte der Wirkung zu verheimlichen. Der Verteidigungsminister Morrison erklärte, die Wirkung sei nicht übertrieben groß, keinesfalls so groß wie unsere einstigen Angriffe auf London. Es heißt, daß die von der Waffe verursachten Bombentrichter etwa dem einer 1000 kg=Bombe entsprechen. Das wäre nicht sehr bedeutend, nachdem die kleinen engl. Moskitobomber schon 2000 kg-Bomben werfen, jedenfalls ist sie sicher nicht so groß wie vom Volke erwartet wurde, denn es hieß, daß die Explosionswirkung 20 km. im Umkreise spürbar sein würde. Aber das war nur Phantasie, offiziell ist dergleichen nie behauptet worden. Die Hauptwirkung dieser Waffe liegt vielmehr in ihrer Unheimlichkeit, da es nur sehr bedingt einen Schutz dagegen gibt. Die Flugzeuge werden durch Raketen angetrieben, wodurch sie wegen der starken Rauchentwicklung bei Tage leicht sichtbar sind u. wohl auch Nachts wegen des Lichtscheines. Natürlich werden die Englänger versuchen. Abwehrmittel zu finden das wird aber einige Zeit dauern. Vorerst haben, sie den Flugplatz, von dem aus die Apparate starten, stark mit Bomben zugedeckt, doch wird es ja noch andere Flugplätze geben. – Sicher ist die Waffe für die Engländer höchst unangenehm, aber daß der ganze Krieg, wie behauptet wurde u. einige Zeitungen auch jetzt noch behaupten, dadurch eine neue Wendung nehmen sollte, ist nicht einzusehen. Diese ganze Waffe erinnert sehr an das berühmte Ferngeschütz, mit dem wir am Ende des ersten Weltkrieges aus 110 km. Entfernung Paris beschossen. Auch das war für die Franzosen höchst unheimlich, aber den Krieg haben wir trotzdem verloren.

     Nach unseren Berichten kommen die Angloamerikaner an der Invasionsfront nicht mehr vorwärts, die Engtänder behaupten das Gegenteil, besonders behaupten sie, daß es ihnen gelungen sei, die letzte Straße nach Cherbourg zu sperren. In Italien geht ihr Vormarsch ebenfalls weiter, sie haben Grosseto genommen. Ebenso geht der Vormarsch der Russen auf Wiborg weiter, während es im Heeresbericht heißt, daß alle ihre Angriffe abgeschlagen würden. Das kennt man nun nachgrade. So wird es auch so dargestellt, als ob der Anmarschweg von England zur Normandie fortwährend von unseren Flugzeugen bedroht würde. Tatsächlich aber ist erst Churchill in der Normandie gewesen, dann der General de Gaule u. gestern so gar der König von England selbst. Wenn der Anmarsch so gefährdet wäre, würde man den König kaum herüberfahren lassen. – Auch wird bei uns so getan, als wären die Franzosen alle von großem Haß gegen die Engländer beseelt wegen der Fliegerangriffe. Es mag gern sein, daß einige Franzosen in der Normandie, deren Häuser u. alles Hab u. Gut durch die Kämpfe vernichtet worden ist, wenig entzückt davon sind; aber der innere Aufstand im Lande geht offenbar weiter u. nimmt immer größere Formen an.

     Nachmittags waren Paul + Grete bei uns. Wir konnten nach

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Hans Brass: TBHB 1944-06-16. , 1944, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-06-18_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.6.2024)