Seite:HansBrassTagebuch 1944-05-22 001.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

tiefe Stille, die der Pfarrer schließlich mit einigen sehr guten, ergänzenden Worten beschloß. Es gab dann ein allgemeines Gespräch, aus dem ich entnehmen konnte, wie gut meine Worte gewirkt hatten u. wie alle richtig verstanden hatten, was ich gesagt hatte. – Nachdem die Leute gegangen waren, aß ich beim Pfarrer mit Martha noch ein wenig zum Abend. Martha blieb diese zweite Nacht im Pfarrhause, weil heute früh um 7 Uhr noch einmal eine stille Messe war, an der wir teilnehmen wollten, den 10 Min. vor 8 Uhr fuhr unser Zug. Ich selbst ging dann zu Hertwecks zurück u. wir gingen alle früh schlafen, denn ich war ebenso müde wie Hertwecks selbst. In der Nacht grollte ferner Donner u. heute früh regnete es. Nach der Frühmesse bekamen wir noch rasch einen Schluck heißen Kaffee u. dann brachten uns Schw. Gertrud + Maria zur Bahn. – In Prerow regnete es heftig u. Spangenberg war nicht da. Wir warteten im Wartesaale u. tranken eine Tasse Fleischbrühe u. aßen etwas Brot, welches Schw. Gertrud Martha eingepackt hatte. Schließlich kam Spangenberg. Er hatte zum Glück Decken u. Mäntel mitgebracht, denn es war sehr kalt geworden. Gegen 12 Uhr waren wir wieder zu hause. Trude hatte zum Glück geheizt. Nachmittags mußten wir wieder in's Geschäft. – Es war ein zwar sehr anstrengender, aber doch sehr schöner u. eindrucksvoller Ausflug gewesen, der mir u. allen Teilnehmern sicher lange in bestem Gedächtnis bleiben wird.

Montag, 22. Mai 1944.     

     Auf der naßkalten Rückfahrt von Prerow nach hier habe ich mir einen schlimmen Schnupfen geholt, der mich die ganze Woche hindurch geplagt hat u. noch immer plagt. Da das Wetter überaus kalt u. unfreundlich ist u. ich die notwendige Gartenarbeit unbedingt tun muß, wird der Schnupfen nicht besser. Ich habe Tomaten gepflanzt, die mir Frau Dr. Krappmann mit einem Soldaten schickte, sowie Dalien. Da für jedes Pflanzloch ein ganzer Eimer Kompost nötig ist, den ich hinten aus dem Garten nach vorn bringen muß, ist das eine schwere Arbeit. Ich habe noch längst nicht alle Dalien drin.

     Bei Küntzels ist Eva zu Besuch. Am Sonntag Nachmittag waren alle drei bei uns, morgens zur Andacht Grete mit Eva. Auch Frau Carmen Grantz war da. Ich sprach vom Tode Hartmuth's, wobei ich wieder einmal sah, daß ich mir dergleichen nicht mehr zumuten darf, meine Nerven sind zu empfindlich geworden, sodaß das Gefühl mich übermannte. –

     In Italien hat nun eine neue Offensive begonnen, die angeblich der Auftakt zur Invasion sein soll, aber sie kommt nur sehr langsam vorwärts. Von der Invasion selbst ist nichts zu bemerken, außer den üblichen Fliegerangriffen, von denen der letzte Tagesangriff auf Berlin wieder sehr schwer gewesen zu sein scheint. Auch an der Ostfront herrscht Ruhe. – Fritz wird nun schon irgendwo im Einsatz sein gegen Banden. Näheres wissen wir nicht. – Von Schw. Salesia bekamen wir Nachricht, – sie ist nicht mehr in Müritz. Sehr schade. –

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1944-05-15. , 1944, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-05-22_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2024)