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nicht Soldaten abgäbe, worauf er lachend erwiderte: Wenn diese Batterie u. die anderen zu diesem Befehlsbereich gehörenden Batterien nicht jede mindestens 230 Mann Besatzung hätten, sondern nur etwa 50 Mann, dann wäre für diesen Befehlsbereich nicht mehr ein Kapitän zur See erforderlich, sondern es genügte etwa ein Fregattenkapitän. Da aber der Kapitän z. See seinen schönen Posten nicht verlieren will, gibt er eben keine Leute ab.

     Die letzten Angriffe auf Bln. scheinen wieder sehr schwer gewesen zu sein. Martha versuchte gestern, Verbindung mit Bln. zubekommen doch war es nicht möglich. Auch Frau Monheim hat noch nichts gehört, obgleich in ihrem Hause in Frohnau eine militärische Dienststelle der Spionage-Abwehr sitzt u. die Wehrmacht natürlich bevorzugt Verbindungen erhält. Wir erwarteten, daß die Engländer in der Nacht vom 29 – 30. Jan. wieder Bln. angreifen würden, aber es geschah nicht. Gestern, am 30. Jan., dem Tage der Machtübernahme durch die Nazis, verlas der Führer aus seinem Hauptquartier eine Rede, die ich aber nur zum Teil hörte. Was ich hörte, war höchst belanglos, immer die alten Phrasen von dem Sieg u. dem Lohn, den Gott dem gibt, der tapfer ausharrt. Die Rede sollte um 8 Uhr Abds. wiederholt werden, doch scheint da wieder Alarm in Bln. gewesen zu sein, denn der Deutschlandsender funktionierte nicht. Heute früh um 9 Uhr war Radio nur schwach zu hören, vielleicht ist die Sendeanlage beschädigt. – Dieser Zustand ist grauenvoll.

     Gestern Abend rief Frau Dr. Grimm an, – sie will heute zu uns kommen, um mit uns über den Verkauf des Grundstücks in Prerow zu verhandeln.

Dienstag, 1. Februar 1944.     

     Gestern Nachmittag sehr netter Nachmittag bei Monheim. Bohnenkaffee, – Erfolg: schlaflose Nacht. Während wir dort waren, wurde telephonisch ein Telegramm für Frau M. aus Berlin durchgegeben mit der erfreulichen Nachricht, daß dort alles in Ordnung u. gesund sei. Seit drei Tagen wartete Frau M. auf Nachricht, – u. wir mit, – es ist auch heute noch keine Verbindung mit Berlin zu bekommen. Gerüchtweise hört man, daß die Innenstadt sehr stark betroffen sein soll u. Martha macht sich Sorge wegen Kurt's Frau. Ich fürchte allerdings auch, daß da etwas passiert sein wird, – es war ja bisher schon fast wunderbar, daß dieses Haus der Potsdamerstraße bei den bisherigen Angriffen, verschont geblieben war, – einmal muß ja auch dieses den Angriffen zum Opfer fallen. Hoffentlich ist wenigstens Anneliese nichts passiert. –

     Frau Grimm war gestern Vormittag bei uns. Sie sah sehr elend aus u. erzählte Schreckliches aus Hannover, ohne daß sie wußte, daß gestern wieder ein neuer Angriff auf Hannover war. Das Tollste ist, daß die Behörden den aufbauwilligen Leuten noch größere Schwierigkeiten machen, als zur Vernichtung notwendig gewesen ist. Die Leute bekommen nichts wieder, weil nichts vorhanden ist. Für ihre Betten bekommen sie primitive Gestelle mit Strohsäcken, Schränke gibt es blos für Familien mit mehr als fünf Köpfen. – Ich habe ihr gesagt, daß ich das Grundstück in Prerow kaufen würde.

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Hans Brass: TBHB 1944-01-31. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-02-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2024)