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wäre. –

Vorgestern waren Peter Erichson u. Frau Ristow bei uns u. Erichson brachte wie immer viel Anregung für die Gestaltung der Hochzeit. Wir wollen bei gutem Wetter einen kleinen Hochzeitszug durch die Straße machen, an der Grenze unseres Besitzes entlang. Erichson wird einen Kranz mit bunten Bändern machen lassen, der an einer Stange vorangetragen wird u. er wird auch dafür sorgen, daß irgend jemand auf der Ziehharmonika dazu Musik macht. – Das Wetter ist unentwegt so schön, daß man leider damit rechnen muß, daß es zur Hochzeit regnet. –

     Heute habe ich die Dahlien teilweise eingebracht.

     Nachmittags kam Erichson mit Frau Ristow nochmals u. brachte uns die ausgezeichnete Anregung, den großen Hochzeitskaffee bei Knecht zu geben. Das ist eine vorzügliche Lösung. Die Trauung findet dann um 3 Uhr bei uns in der Diele statt, wo alle Gäste versammelt sind u. wohin das Brautpaar aus dem kleinen Hause direkt durch den Garten kommt. Nach der Trauung formiert sich dann ein großer Hochzeitszug mit allen Gästen und geht zu Knecht. Auf diese Art halten wir uns das Haus frei für den Abend u. es kann in Ruhe das Abendessen vorbereitet werden. Wir sind gleich zu Frau Knecht gegangen, die sofort bereit war. Es ist das eine sehr große Erleichterung für uns. –

     In Afrika geht es langsam weiter, – aber sehr langsam, unsere Truppen wehren sich sehr tapfer. Merkwürdig ist, daß nur immer als Führer unserer Truppen v. Arnim genannt wird, – zwar nicht von uns! – aber von Rommel ist nie die Rede. Wo mag er sein? Ist er nicht mehr in Afrika?

     Laval war beim Führer. Es müssen da doch sehr wichtige Verhandlungen stattfinden.

     Interessant ist die Affäre Katyn. Es ist von uns eine Riesenpropaganda gemacht worden wegen angeblich 12000 ermordeter polnischer Offiziere. Diese Propaganda hat auch gut gewirkt u. Sowjet-Rußland hat im Verlaufe derselben mit Polen die Beziehungen abgebrochen. Nun aber sind auf Einladung des Reichsgesundheitsführers Dr. Conti Aerzte aus 12 verschiedenen Nationen in Katyn gewesen u. haben ein Protokoll veröffentlicht, das in allen Zeitungen steht. Darin heißt es, daß bis zum 30. April 900 u. einige Leichen ausgegraben worden seien. Wo sind nun die übrigen 11000 Leichen geblieben? – Darüber, u. überhaupt über diese Differenz wird kein Wort gesagt. Man kann dem deutschen Spießen, wie es scheint, alles zumuten. –

     An der Ostfront in seit Wochen Ruhe, mit Ausnahme des Brückenkopfes am Kuban, wo die Russen unentwegt angreifen. –

     Das Stalin-Buch ist ungemein interessant, besonders, wenn man diesen Menschen mit unserem Hitler vergleicht. Dort ein skrupelloser, von keinem Gefühl u. keinem spekulativen Gedanken gehemmter Bandit, – hier ein sentimentaler Spießer, der toll geworden ist u. aus dieser Tollheit heraus nicht weniger skrupellos, jedoch viel weniger ein brutaler Tatmensch wie Stalin, sondern ein gerissener Gauner, der seine Schurkereien selbst noch vor sich selber mit idealistischer Sentimentalität verkleidet.

Donnerstag, 6. Mai 1943     

     Gestern Abend bei Prof. Erich Seeberg. Es waren noch da: Frau Bohner, Frl. v. Tigerström u. Frau Prof. Seeberg. Unglücklicherweise kam auch Herr Dr. Ziel, um Seeberg zu sagen, daß heute im Dorfe der Film „Die Entlassung“ laufe. Herr Ziel hat wiederholt Versuche gemacht, mit mir zu verkehren, was ich stets abgelehnt habe mit der Begründung, daß ich überhaupt jeden gesellschaftlichen Verkehr ablehne. Nun stellte er fest, daß ich zu Seebergs gegangen war. Ich würde niemals dorthin gegangen sein, wenn ich nicht durch Fritzens Heirat in ein gewisses verwandtschaftliches Verhältnis

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Hans Brass: TBHB 1943-05-05. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-05-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2024)